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  • 19. März 2015

Umweltverbandsklagen: Das richtige Maß finden

Von Dr. Katja Frey | DIHK Berlin

Das Klagerecht für Umweltverbände erhitzt seit Jahren die Gemüter. Genehmigungsverfahren für große Infrastrukturvorhaben und Industrieinvestitionen werden zunehmend durch Verbandsklagen verzögert oder komplett verhindert. Beispiele sind Klagen gegen die für die Schifffahrt notwendigen Vertiefungen von Elbe und Weser, gegen neue Höchstspannungsleitungen oder gegen Investitionen in Kohlekraftwerke. Nach Auffassung der Europäischen Union soll die Einhaltung umweltschützender Vorschriften in Deutschland künftig noch umfassender eingefordert werden können, als dies bisher der Fall ist.

Unterschiedliches Verständnis von Klagerechten in Europa

Der mangelhafte Vollzug von Umweltvorschriften in osteuropäischen Staaten war der Grund für die Einführung großzügiger Klagerechte: In Europa wird jedem Einzelnen ein weiter Zugang zu den Gerichten gewährt, wenn es um den Schutz der Umwelt geht. Ohne den Nachweis einer eigenen Betroffenheit kann jeder Klage erheben und beanstanden, dass Umweltvorschriften missachtet worden seien. Dies übernehmen in der Praxis vor allem die Umweltverbände. In Deutschland dagegen existiert traditionell ein Verwaltungsprozessrecht, das nur den direkt Betroffenen ein Klagerecht gibt, den Gerichten dann aber eine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung auferlegt. Deshalb fällt es dem deutschen Gesetzgeber grundsätzlich schwer, Klagemöglichkeiten unabhängig von einer Betroffenheit zu gewähren und damit die europäischen Vorgaben ordnungsgemäß umzusetzen.

Planungssicherheit für Unternehmen schaffen

Erweiterte Klagemöglichkeiten haben eine wirtschaftspolitische Dimension: Investitionen werden von Unternehmen nur geplant, wenn sie im vorgesehenen Zeitfenster verwirklicht werden können. Allein die Möglichkeit einer weitreichenden Umweltverbandsklage schreckt schon ab, Großvorhaben anzugehen. Denn die ohnehin schon zeitaufwendigen Genehmigungsverfahren können durch lange Gerichtsverfahren verzögert werden und am Ende eines langen Instanzenzugs erst nach Jahren beim Europäischen Gerichtshof enden. So viel Zeit, Geld und Motivation hat in der Regel kein Unternehmen. Auch die Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte wird durch Umweltverbandsklagen hinausgeschoben und deutlich verteuert.

Umweltrecht vollzugsfähiger machen

Die Klagen von Umweltverbänden haben oft gute Erfolgsaussichten. Dies liegt vor allem an der Überforderung von Planern und Behörden durch ein komplexes, sich ständig änderndes und daher Fehler produzierendes Umweltrecht. Zahlreiche Infrastrukturplanungen sind in den letzten Jahren vor allem an den unklaren Anforderungen des Naturschutzrechts gescheitert. Aus Sicht der Wirtschaft ist es deshalb besonders wichtig, dass die Politik bei der jetzt anstehenden Anpassung des deutschen Rechts den jeweils berechtigten Interessen – Einhaltung der Umweltschutzanforderungen und zügige Realisierung von Vorhaben – ausgewogen Rechnung trägt. Nur das Verbandsklagerecht zu erweitern, wird dieser Aufgabe nicht gerecht. Erforderlich ist eine grundsätzliche Debatte über die bessere Vollzugsfähigkeit von Umweltrecht, Professionalität bei den Genehmigungsbehörden und eine Fokussierung der gerichtlichen Kontrolle.


Ressort: Energie und Umwelt

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