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Natürlicher Schutzwall gegen Allergien entdeckt

Wissenschaftlern der Charité – Universitätsmedizin Berlin ist mit dem Nachweis eines körpereigenen Schutzsystems ein Durchbruch bei der Forschung nach Ursachen und möglichen Therapien gegen Allergien gelungen. Sie konnten zeigen, dass körpereigene T-Zellen harmlose Bestandteile unserer Atemluft, wie Pflanzenpollen oder Hausstaubmilben, erkennen und aktiv allergische Reaktionen unterdrücken. Allergien können dann dort entstehen, wo Lücken in diesem natürlichen Schutzwall existieren. Die Ergebnisse der Studie sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Cell* veröffentlicht.

Allergien werden durch einen unkontrollierten oder fehlgeleiteten Angriff des Immunsystems gegen harmlose Bestandteile aus der Umgebung verursacht, beispielsweise Pflanzenpollen oder Partikel von Hausstaubmilben. Vor allem in den industrialisierten Teilen der Welt nehmen Allergien rasant zu und stellen zum Teil lebensbedrohliche Erkrankungen schon bei Kindern und Jugendlichen dar. Bislang war unklar, ob es einen aktiven körpereigenen Schutzmechanismus gibt, der Allergene spezifisch erkennt und die Entstehung von Allergien verhindert und der möglicherweise bei Allergikern defekt ist.

Die Wissenschaftler um Dr. Petra Bacher und Prof. Dr. Alexander Scheffold der Arbeitsgruppe Zelluläre Immunologie an der Charité und am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) konnten zeigen, wie die Toleranz gegen den größten Teil der aus der Luft aufgenommenen harmlosen Fremdstoffe im Menschen aufrecht erhalten wird. Zudem identifizierten sie einen Mechanismus, durch den bestimmte Allergene, die nur einen Bruchteil der inhalierten Fremdstoffe ausmachen, diesen Schutz unterlaufen können. Die Forscher nutzen dafür ein Verfahren, mit dessen Hilfe körpereigene Immunzellen, sogenannte T-Helferzellen, im Blut nachweisbar sind. Überraschenderweise fanden die Forscher fast ausschließlich eine spezialisierte Population von T-Zellen, die sogenannten regulatorischen T-Zellen (Tregs). Deren wichtigste Aufgabe ist es, unerwünschte Immunreaktionen aktiv zu unterdrücken. Bisher wurde vermutet, dass Tregs hauptsächlich körpereigene Bestandteile erkennen, um diese so vor dem Angriff anderer Zellen des Immunsystems zu schützen. Beim Vergleich zwischen Allergikern und Gesunden zeigte sich aber überraschenderweise, dass eine Allergie nicht wie erwartet auf einen Defekt der Tregs zurückzuführen war. Allerdings weist der Treg-Schutzwall bei Gesunden wie bei Allergikern kleine Lücken auf, d.h. einige Proteine werden weniger gut erkannt als andere. Eine Analyse der allergieauslösenden (Th2) Zellen ergab, dass diese genau gegen die wenigen ungeschützten Proteine gerichtet sind, die den Treg-Schutz gezielt unterlaufen.

Auch wenn nicht klar ist, warum sich bei manchen Patienten gegen die ungeschützten Proteine eine Allergie entwickelt, hier spielen vermutlich genetische und Umweltfaktoren eine Rolle, geben diese Ergebnisse Anlass zur Hoffnung. Denn die Kenntnis, dass Allergiker sehr wohl über einen effektiven Schutzmechanismus gegen den Großteil potentieller allergener Substanzen aus der Luft verfügen, kann zum Beispiel für Impfungen genutzt werden, um die wenigen Lücken gegen die Allergene gezielt zu schließen. Auch für viele andere Krankheiten, die durch eine fehlgeleitete Immunreaktion gegen eigene Körperbestandteile verursacht werden, wie Rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose oder chronische Darmentzündungen, können auf dieser Basis möglicherweise neue Therapiestrategien entwickelt werden.

*Bacher P, Heinrich F, Stervbo U, Nienen M, Vahldieck M, Iwert C, Vogt K, Kollet J, Babel N, Sawitzki B, Schwarz C, Bereswill S, Heimesaat MM, Heine G, Gadermaier G, Asam C, Assenmacher M, Kniemeyer O, Brakhage AA, Ferreira F, Wallner M, Worm M, Scheffold A. Regulatory T Cell Specificity Directs Tolerance versus Allergy against Aeroantigens in Humans. Cell. 2016 Oct 18. pii: S0092-8674(16)31335-6. doi: 10.1016/j.cell.2016.09.050.

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