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  • 27. April 2015

Kultur des Teilens und des Verteilens

Von Robert Eberle | Erzbischöfliches Ordinariat

Erzbischof: Viele haben Hektik und zu wenig Zeit - Millionen ohne Arbeit

Freiburg (pef). Erzbischof Stephan Burger wirbt für mehr soziale Gerechtigkeit und eine „Kultur des Teilens und des Verteilens“. Bei einem Empfang für Betriebs- und Personalräte erklärte der Erzbischof am Samstag (25.4.) in Freiburg: „So lange in unserem Land und auf unserem Kontinent Millionen ohne Arbeit sind, also über ein Zuviel an Zeit verfügen und damit nicht unter Hektik leiden, sondern den quälenden Eindruck haben, nicht gebraucht zu werden, so lange müssen wir an der sozialen Gerechtigkeit arbeiten.“ Erzbischof Burger sagte wörtlich: „Während die einen zu viel Hektik und zu wenig Zeit haben, haben die anderen zu viel Zeit und zu wenig Arbeit.“ Deshalb sei eine „Kultur des Teilens und des Verteilens“ wichtig: „Meistens wissen wir besser, was die anderen tun sollten, damit es allen besser geht. Wir fragen zu wenig, was unser eigener Beitrag – auch im Sinne des Hergebens sein könnte.“

„Arbeit in Familien und Vereinen nicht vergessen“

Arbeit ist nach Überzeugung des Freiburger Erzbischofs mehr als Arbeitszeit, weil sie mit der Würde des Menschen zu tun habe: „Ein Mensch, dem Arbeit und vor allem gute Arbeit vorenthalten wird, der wird in seiner Würde verletzt.“ Wo immer Arbeit nicht mehr der Würde eines Menschen diene, werde sie unmenschlich und die Arbeitsverhältnisse ungerecht: „Nur Arbeit, die dem Menschen dient und dessen Entfaltung hilft, ist gut - alles andere ist ein Beitrag zur Entmenschlichung und damit zur Zerstörung der Welt.“ Erzbischof Burger zitiert dazu Papst Franziskus: „Ich beziehe mich auf das, was wir Sklavenarbeit nennen können. Wie viele Menschen auf der ganzen Welt sind Opfer dieser Art Sklaverei, in der die Person der Arbeit dient und nicht umgekehrt. Ich rufe alle Brüder und Schwestern dazu auf, sich gegen den Menschenhandel zu wenden, zu dem diese Sklavenarbeit gehört.“

„Ohne Soziale Wärme wird es ungemütlich“

Erzbischof Burger verwies auch auf „all die Arbeit, die in unseren Familien, in Gruppen oder Vereinen geleistet“ werde: „Beziehung und Elternsein, besonders die Frauen, die Mütter haben noch immer mit den Lücken in ihrer Erwerbsbiografie zu kämpfen, auch wenn die Mütterrente ein Schritt in die richtige Richtung ist.“ Die Wirtschaft sei bestimmt von der abhängigen Beschäftigung, der sogenannten Erwerbsarbeit: Das gehe bis hinein in die sozialen Sicherungsnetze, die bei Arbeitslosigkeit und in der Altersversorgung ganz getragen seien vom solidarischen System der Erwerbsarbeit. Dabei dürfe der große Teil geleisteter Arbeit in Familien, Gruppen und Vereinen damit nicht vergessen werden. Wichtig sei auch die Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements in Vereinen oder Verbänden: „Unsere Gesellschaft lebt von denen, die etwas tun, das sie nicht müssten, die sich konstruktiv engagieren, obwohl kein Gesetz sie dazu verpflichtet. Nur weil Menschen ihre Zeit und Mühe, also letztlich ihre Arbeit in vielfältigen Bereichen einbringen, bleibt die soziale Wärme in unserer Gesellschaft erhalten.“ Erzbischof Burger sagte wörtlich: „Wenn alle nur noch das tun würden, was sie unbedingt müssen, dann würde es sehr kalt und ungemütlich werden in unserer Welt.“ Deshalb wolle er auch dieser Arbeit seinen Respekt zollen.

Gegen Ökonomisierung: „Ethik der Mitmenschlichkeit und der Solidarität“

Thema beim Empfang für Betriebs- und Personalräte im Erzbistum Freiburg war auch die sich ausbreitende Ökonomisierung. „Sie ist überall dort zuhause, wo wir den Wert des Menschen aus dem Blick verloren haben. Wenn etwa in einem Krankenhaus einer Pflegekraft gesagt wird, dass ihr christliches Menschenbild eher hinderlich sei, weil sie schneller arbeiten müsse, dann ist eine unsichtbare Grenze überschritten“, warnte Burger. Wo die Steigerung der Produktivität auf Kosten des Menschen betreiben werde, „da verletzen wir seine Würde und beginnen den Tanz um das goldene Kalb.“ Gegen die Ökonomisierung und damit Ideologisierung des Marktes brauche es „eine Ethik der Mitmenschlichkeit und der Solidarität.“ Als Bischof sehe er „die Schöpfung als jene großartige Gabe des Schöpfers, die er uns als seinen Kindern und als Ebenbild anvertraut hat. Mit ihm haben wir unendlich viele Möglichkeiten.“ Was das konkret heiße, zeige ein Text aus dem Jahre 1632, den man in den Trümmern eines zerstörten und verfallenen Ortes in der Provence gefunden habe - das Gebet eines Handwerkers.

Dank für Einsatz der Betriebsräte

Erzbischof Burger zitierte daraus: „Lehre mich, Herr, die Zeit, die du mir zur Arbeit gibst, gut zu nützen und sie zu verwenden, ohne etwas davon zu verlieren. Lehre mich, die notwendige Eile und die bedächtige Gründlichkeit zu vereinen, die heitere Gelassenheit und die Glut der Anstrengung, den Eifer und die Ruhe. [...] Herr, lehre mich, dass alle Arbeit leer ist, außer da, wo man liebt. Und dass alle Liebe hohl ist, die mich nicht mit mir selbst, mit anderen und mit dir, Gott, verbindet. Lehre mich die Zeit etwas Gutes zu schaffen und zu Deiner Ehre, Gott, die ist jetzt.“ In diesem Sinn dankte der Erzbischof von Freiburg den Betriebs- und Personalräten sowie den Mitarbeitervertretungen kirchlicher Einrichtungen „für ihren Einsatz für eine solidarische und mitmenschliche Arbeitswelt“. Im Vorfeld des 1. Mai lädt der Erzbischof von Freiburg in Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerseelsorge der Erzdiözese Freiburg jedes Jahr Betriebs- und Personalräte von Unternehmen und Institutionen sowie Beschäftigte zum Dialog ein, die sich in der Mitarbeitervertretung (MAV) kirchlicher Einrichtungen engagieren.

Weitere Informationen zur Arbeitnehmerseelsorge: http://www.erzbistum-freiburg.de/html/arbeitnehmer.html


Ressort: Glaube und Gesellschaft

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