INNOVANTIQUA WINTERTHUR – das andere Alte Musik Festival
Das kommende Festival INNOVANTIQUA WINTERTHUR (25.-26. Januar 2008) wird sich schwerpunktmässig der Vokalmusik zum Thema «Klangraum Stimme» annehmen.
Hierzu wurden fünf renommierte Vokalensembles aus der Schweiz, Deutschland und Korsika eingeladen. Im Mittelpunkt wird die Auseinandersetzung mit Werken der Renaissance, des Mittelalters sowie zeitgenössische Kompositionen aus verschiedenen Ländern stehen. Die Ensembles widmen sich der Erforschung volkstümlicher, musikalischer Wurzeln und Traditionen und verlassen zuweilen den gemütlichen Boden der Konventionen, um den Klangraum Stimme zu erweitern und mit räumlichen, konzertanten, szenischen und installativen Darstellungsformen zu verbinden. In Zusammenarbeit mit der Schola Cantorum Basiliensis, der führenden Musikhochschule für Alte Musik, werden Highlights der Musik Europas vom 12. bis zum 14. Jahrhundert zur Aufführung gelangen. Spannend dürfte sicherlich auch die Konfrontation von Alter Musik mit Appenzeller und korsischer Volksmusik werden!
Mit dem Programm «Mel et lac» eröffnet das Ensemble Peregrina aus Basel am Freitag 25. Januar 2008 die zweite Ausgabe des Festivals INNOVANTIQUA WINTERTHUR. Schon im Europa des 12. Jahrhunderts erlebte die Marienverehrung mit ihrer spezifischen Spiritualität eine Hochblüte. Künstlerinnen und Künstler liessen sich in Dichtung, bildender Kunst und Musik zu immer reicheren und kunstvolleren Schöpfungen zum Lobpreis der Gottesmutter inspirieren. «Mel et lac» bringt eine Auswahl ein- und mehrstimmiger Mariengesänge aus dieser aufregenden Zeit kompositorischer Experimente und Neuerungen. Der Name Peregrina (die Umherziehende) spielt auf den Musik- und Ideentransfer im mittelalterlichen Europa an, spiegelt aber auch die Wege der drei Sängerinnen selber wider. Die Mitglieder des Ensembles schaffen durch ihre verschiedenen Herkünfte (Polen, Schweiz und USA) ein dynamisches Gleichgewicht und machen durch ihr gemeinsames Musizieren die Interaktion und die Konvergenzen von Kulturen und Geschichten in der von ihnen aufgeführten Musik zweifellos erlebbar.
Das 4-stimmige korsische Männer-Ensemble Barbara Furtuna wurde 2001 gegründet. Schon in jungen Jahren entwickelten die Sänger durch das Mitwirken in verschiedensten Formationen der Insel eine besondere Praktik der traditionellen korsischen Gesangsform, des «Chant polyphonique corse», die tief in Kultur und Geschichte der Mittelmeerinsel verwurzelt ist: Betörende Klänge zwischen Schwermut und Leidenschaft, Weltmusik mit Frohsinn und Rührseeligkeit. Am Freitag, 25. Januar 2008 werden die vier Männer im Rahmen des Festivals mit ihren Gesängen von der beeindruckenden Vielseitigkeit, den Düften und Farben ihrer Insel und der ganzen Schönheit ihrer Heimat erzählen. Auch wenn das Ensemble seine Inspiration aus der Tradition schöpft, sind es eher die zeitgenössischen Kompositionen, mit denen es sich heute von der breiten Masse abhebt: Eine meisterhaft ausgepfeilte Kunst beschreitet unbekannte musikalische Wege begleitet durch die Erforschung neuer Harmonien und Nuancen. Die Sänger künden von einem kulturellen Erbe entsprungen aus der Riacquistu der 70er Jahre während sie sich gleichzeitig in einer realistischen Zukunft sehen, getragen durch eine Welt, die sie inspiriert und dem Willen, Neues und Unbekanntes zu entdecken sowie andere Orte und Menschen durch ihre Stimmen zu berühren. Durch die verschiedenen Facetten der insularen Gesänge hindurch, mal intim und kraftvoll, mal sinnlich und viril eröffnen uns die Sänger den Zugang zu einem Repertoire, welches tief verwurzelt ist in einer Erdquelle voller Inspiration, sich aber auch bewusst und entschlossen dem neuen Jahrhundert zuwendet. Eine Tradition also, die immer in Bewegung ist und sich konsequent weigert, sich einsperren zu lassen. Das Wechselspiel zwischen Sakralem, Profanem, Reprisen und Wieder-Neuem („Re-Nouveau“) in der Auswahl der Stücke verleiht dem Ensemble einen unerwarteten Tonus für ein reines Vokalkonzert.
Das Peñalosa-Ensemble eröffnet den zweiten Festivaltag mit dem Programm «Mensch, werde wesentlich», Alte und Neue Musik im Spannungsfeld von Reformation und Dreissigjährigem Krieg. Diese eindrückliche Forderung des deutschen Mystikers Angelus Silesius (1624–1677), sich dem Wesentlichen zuzuwenden, ist mehr als nur religiös motivierter Sinnspruch: Angesichts der Zerstörungen und Neuorientierung jener Epoche, bedrängt von Reformation und Gegenreformation, von Seuchen und Wirren des Dreissigjährigen Krieges, fand sich die schwer geprüfte Bevölkerung in einem stets bedrohten, zerbrechlichen Dasein. Das Konzert greift diesen Spannungsbogen mit Vertonungen der reformatorischen Lutherchoräle des 16. Jahrhunderts auf, nimmt Leonhard Lechners „Deutsche Sprüche von Leben und Tod“ ins Zentrum, geht über konzertante Werke von Heinrich Schütz bis hin zu a‑cappella-Kompositionen des Schweizer Komponisten Adolf Brunner aus dem 20. Jahrhundert, dessen Vertonungen von Silesius-Texten aus dem „Cherubinischen Wandersmann“ dem Konzert seinen Namen gegeben haben. Die Interpretation des deutschen Quartetts des Peñalosa-Ensembles ist der Beweis dafür, dass die Brisanz der Thematik bis heute an Aktualität nichts eingebüsst hat.
Das zweite Samstagkonzert steht unter dem Motto «Begegnungen». In diesem experimentellen Konzert trifft das Alte Musik Ensemble Peregrina auf das Korsische Männer-Quartett Barbara Furtuna und die Naturjodelgruppe Stein aus dem Kanton Appenzell. Zusammen begibt man sich auf die Suche nach klanglichen und thematischen Gemeinsamkeiten. Fremd oder vertraut - das Publikum entscheidet selbst über die abwechselnd auftretenden Ensembles, wo sich Marianische Gesänge aus dem Mittelalterlichen Europa mit Mariengesängen aus Korsika mischen und Appenzeller Naturjodel mit mehrstimmigen Improvisationen auf blossen Silben mit traditioneller korsischer Polyphonie kontrastiert. Alle drei Musikstile erleben seit Jahren ein Renaissance, sind bei wachsendem Publikum gar im Trend. Die Gelegenheit, die drei unterschiedlichen Ensembles zusammen im gleichen Konzert erleben zu dürfen ist einzigartig und wird sich wohl so schnell nicht wieder ergeben.
VOXLabYrinth ist ein Stimmensemble mit sieben international bekannten Sängerinnen und Sängern aus der Schweiz und Deutschland, darunter Franziska Welti und Andreas Stahel aus Winterthur. Gemeinsam ist den Künstlerinnen und Künstlern das Ziel, mit der Stimme die herkömmlichen Grenzen zu erweitern, hinter die Konventionen zu blicken und im Ensemble individuell und kollektiv neue vokale Ausdrucksformen zu erfinden. Die individuellen Hintergründe der Einzelnen reflektieren eine Stilvielfalt, deren Spektrum von "folklore imaginaire" über Jazz und Rock, Oper, moderne Klassik bis zur abstrakten Performance Art reicht. Die unterschiedlichen Ästhetiken des Gesangs öffnen den Vokalistinnen und Vokalisten die Türen zu farbigen Stimmuniversen. Der gemütliche Boden der Konventionen wird verlassen, um den Klangraum Stimme durch ein einzigartiges Vokabular an kollektiven experimentellen Stimmtechniken zu erweitern und mit räumlichen, konzertanten, szenischen und installativen Darstellungsformen zu verbinden. Die erste Eigenproduktion trägt den Titel «Labyrinth». Im Innern steht die Begegnung und Auseinandersetzung mit dem Thema Labyrinth und der Dürrenmatt‘schen Version der Geschichte des Minotaurus, der in einem Labyrinth von Spiegeln gefangen ist.
Finanzielle und ideelle Unterstützung: Kulturstiftung Winterthur, Stadt Winterthur,
Fachstelle Kultur Kanton Zürich, Ernst Göhner Stiftung, weitere
In Zusammenarbeit mit: Schweizer Radio DRS 2 und Der Landbote
Vorverkauf ab 7. Januar 2008
Winterthur Tourismus im Hauptbahnhof
www.ticket.winterthur.ch
Tel. 052 267 67 00
Konzertticket CHF 35 / Studenten CHF 15
Festivalpass CHF 140 / Studenten CHF 60
Tagespass Freitag CHF 60 / Studenten CHF 25
Tagespass Samstag CHF 90 / Studenten CHF 40