- 18. November 2013
Hirngespinst Willensfreiheit?
Wie die Neurowissenschaften unser Menschenbild beeinflussen
Die Willensfreiheit als Möglichkeit, sich zwischen Handlungsoptionen entscheiden zu können, bildet einen wichtigen Ausgangspunkt in unserem Denken über den Menschen - einige Neurowissenschaftler ziehen die Existenz eines freien Willens jedoch in Zweifel. Da alle Gehirnleistungen auf neurochemischen Vorgängen beruhen, ist dies mit einer autonomen geistigen Willensbildung schwer vereinbar.
Zugespitzt formuliert würde ein Verbrecher, bei dem bestimmte Hirnprozesse anders ablaufen, entsprechend seiner genetischen Disposition handeln und wäre für dieses Handeln moralisch nicht verantwortlich. Ist der freie Wille also nur eine Illusion? Wenn die Beschaffenheit des Gehirns den Menschen von selbstbestimmten Entscheidungen freispricht, wirft dies Fragen auf, denen sich auch die geisteswissenschaftlichen Disziplinen zu stellen haben.
Eine Infragestellung der Willensfreiheit hat zudem konkrete Auswirkungen auf die Schuldfrage in der Rechtsprechung. Schuldfähigkeit erfordert ein Mindestmaß an Selbstbestimmung und die Einsicht in das eigene Handeln. Fehlt diese Vorbedingung, bedeutet dies zumeist Maßregelvollzug oder Sicherungsverwahrung. Auf neuromedizinischem Weg in bestimmte Verhaltensweisen einzugreifen und damit verhütend auf Wiederholungstäter einzuwirken, ist möglich. Ob sich solche Maßnahmen vor dem Hintergrund ethischer und moralischer Maßstäbe aber anwenden lassen, erscheint fraglich. Kritiker befürchten einen Rückfall in Zeiten, in denen die Kriminologie mit der Medizin eine unheilige Allianz einging und Menschen mit bestimmten anatomischen Merkmalen eine Neigung zur Straffälligkeit unterstellt wurde.
Muss unser Verständnis von Moral, Ethik und Schuld neu definiert werden? Welche Rolle spielen die Neurowissenschaften in unserer Kultur und Gesellschaft? Sind sie zu einer modernen Leitwissenschaft geworden? Welche Lehren können wir aus der historischen Entwicklung der Strafjustiz ziehen? Bedarf es einer Reform des Strafrechts auf der Grundlage neurologischer Befunde? Dürfen Auffälligkeiten präventiv korrigiert werden?
Über diese Fragen diskutieren: Prof. Dr. John-Dylan Haynes, Direktor des Bernstein Center der Charité Berlin, Prof. Dr. Reinhard Merkel, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg sowie Prof. Dr. Reinhard Werth, Professor für Medizinische Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Dr. Richard Wetzell, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Washington. Es moderiert die Journalistin Martina Kothe (Norddeutscher Rundfunk).
Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung bei Frau Katharina Freund unter
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Hotel Baseler Hof
Gartensaal
Eingang Esplanade 15
20354 Hamburg
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