
- 24. September 2025
Diskussion rund um Glücksspielgesetz geht weiter: Was könnte sich bald ändern?
Wir befinden uns im Jahr 2021 in Berlin. Der Glücksspielstaatsvertrag wird eingeführt. Ambitioniert schickt er sich an, die deutsche Glücksspiellandschaft zu reformieren und den Schwarzmarkt auszutrocknen. Mittlerweile hat er sich zu einem Paradebeispiel dafür entwickelt, dass gut gemeint nicht immer gut gemacht ist. Zwar existieren klare Regeln, einheitliche Lizenzen und eine Behörde, die sich den schwarzen Schafen der Branche entgegenstellen soll. Aber trotzdem herrscht in vielen Ecken des Netzes weiterhin Wildwuchs.
Die Folge ist, dass Spieler in Scharen abwandern, Anbieter unter Regularien stöhnen und die Politik mal wieder vor dem Scherbenhaufen eigener Kompromisse steht. Kein Wunder also, dass 2025 erneut über Reformen diskutiert wird, und zwar lauter denn je.
Der Glücksspielstaatsvertrag: Was bisher geregelt wurde und wo es hakt
Offiziell ist alles geregelt. Seit Mitte 2021 gibt es mit dem Glücksspielstaatsvertrag ein bundeseinheitliches Regelwerk, das erstmals auch Online-Glücksspiel unter staatliche Aufsicht stellt. Die Regeln lesen sich auf dem Papier solide. Wer Glücksspiel in Deutschland anbieten will, braucht eine Lizenz. Spieler dürfen maximal 1.000 Euro pro Monat einzahlen. Werbung ist nur eingeschränkt erlaubt und die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) wacht über die Einhaltung all dieser Vorgaben.
Soweit die Theorie. In der Praxis fühlt sich das Ganze allerdings eher wie ein unausgegorener Kompromiss an, der alle Beteiligten nur so halb glücklich macht. Spieler vermissen attraktive Angebote, Anbieter beklagen unfaire Rahmenbedingungen und die Behörden? Die laufen der Realität oft hinterher. Vor allem der Schwarzmarkt floriert und das trotz aller Maßnahmen.
Ein Haken zeigt sich schnell, sobald man sich das tatsächliche Angebot anschaut. Beliebte Spielformen wie Baccarat, Blackjack oder Live-Roulette sind kaum bis gar nicht vertreten. Wer im Internet Casinos mit Baccarat sucht, findet zwar mittlerweile ein paar Anbieter. Diese sind jedoch oft im internationalen Bereich angesiedelt.
Die Nachfrage ist da, das Angebot auf dem regulierten Markt aber noch dünn. Eine absurde Situation, wenn man bedenkt, dass gerade solche Spiele international längst zum digitalen Standard gehören.
Warum der politische Druck auf Reformen steigt und von wem er ausgeht
Die Kritik wird lauter, die Geduld knapper. Nicht nur in der Branche, sondern auch innerhalb der Politik regt sich zunehmend Unmut über die Auswirkungen des aktuellen Systems. Besonders die Innenminister der Länder fordern inzwischen Nachbesserungen und das mit überraschend deutlicher Wortwahl. Das Ziel ist ein Glücksspielrecht, das wirklich funktioniert. Eines, das auch die Realität anerkennt.
Denn wenn sich legale Anbieter an zig Auflagen halten müssen, während ausländische Plattformen munter ihr eigenes Ding durchziehen, läuft etwas grundlegend falsch. Das ist keine bloße Marktverzerrung, das ist ein strukturelles Eigentor. Die Politik scheint das langsam zu begreifen. Forderungen nach einer grundlegenden Reform häufen sich und auch die Evaluierung des Vertrags, die eigentlich erst 2026 ansteht, wird nun vorgezogen diskutiert.
Warum beliebte Tischspiele bislang fehlen
Wer in Deutschland online legal Baccarat spielen möchte, hat Pech gehabt. Genauso wie Blackjack-Fans. Der Grund liegt im Vertragswerk. Dort ist geregelt, dass Tischspiele nur unter besonderen Bedingungen erlaubt sind, etwa wenn ein Bundesland entsprechende Konzessionen vergibt. Während Spielautomaten auf legalen Plattformen dominieren, bleiben die klassischen Casino-Erlebnisse damit außen vor.
Das Problem dabei ist, dass die Nachfrage längst da ist. Baccarat etwa boomt weltweit, gerade unter High Rollern und Livestream-Fans. Doch ausgerechnet in Deutschland, wo man Spielerschutz angeblich großschreibt, findet dieses Bedürfnis keinen legalen Rahmen. Wer also echtes Casino-Feeling sucht, landet mit wenigen Klicks bei Anbietern ohne Lizenz. Die wissen genau, wie sie ihre Zielgruppe abholen müssen, inklusive VIP-Programmen, Bonusaktionen und minimaler Regulierung. Für die GGL bleibt da nur das Nachsehen.
Woran legale Anbieter scheitern
Das eigentliche Ziel des Glücksspielstaatsvertrags war es, Spieler vom Schwarzmarkt weg und hin zu legalen Angeboten zu lenken. Ein Prinzip, das in der Theorie gut klingt, in der Praxis aber mächtig ins Leere läuft. Denn der Schwarzmarkt ist so stark wie nie. Wer will, der findet seinen Weg über Krypto-Zahlungen, Offshore-Lizenzen oder VPN-Tunnel, und zwar völlig risikolos, denn die Durchsetzungsmöglichkeiten der Behörden sind begrenzt.
Während legale Anbieter sich mit Limits, Sperrdateien und Werbebeschränkungen auseinandersetzen müssen, bietet die Konkurrenz aus Curaçao oder Zypern die volle Bandbreite. Von Tischspielen über Sportwetten bis zu Slots mit Auszahlungsquoten jenseits der 98 Prozent.
Viele dieser Plattformen umgehen sogar gezielt die deutschen Regeln, zum Beispiel über Zahlungsdienstleister mit Sitz im Ausland. Selbst IP-Sperren sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Monatliches Einzahlungslimit: Sinnvoller Schutz oder realitätsfernes Hindernis?
Eines der zentralen Elemente des Glücksspielstaatsvertrags ist das monatliche Einzahlungslimit von 1.000 Euro. Spieler sollen vor exzessivem Spielverhalten bewahrt werden, indem sie gar nicht erst zu viel Geld verlieren können. Was als Maßnahme zum Spielerschutz eingeführt wurde, hat sich mittlerweile zu einem der meistdiskutierten Knackpunkte entwickelt.
Das Limit ist gut gemeint, aber die Umsetzung wirkt unflexibel. Es spielt keine Rolle, ob jemand Student mit kleinem Nebenjob ist oder sechsstellig im Jahr verdient, alle unterliegen derselben Grenze. Dass dabei einige einfach auf illegale Anbieter ausweichen, scheint niemanden zu wundern.
Vor allem in Zeiten von Inflation und steigenden Lebenshaltungskosten wird die Kritik lauter. Warum gibt es keine Möglichkeit, das Limit individuell anzupassen oder es zumindest realitätsnäher zu gestalten? Die aktuelle Regelung scheint in vielen Fällen mehr zu frustrieren als zu schützen.
Wie sieht eine realistische Reform aus?
Die Liste an Ideen ist lang. Von einer kontrollierten Öffnung für Tischspiele bis hin zu flexibleren Einzahlungslimits, Reformvorschläge gibt es zuhauf. Viele Experten fordern, die Einsatzgrenzen einkommensbasiert zu gestalten. Wer mehr verdient, darf auch mehr setzen. Klingt vernünftig und würde dem Staat gleichzeitig ermöglichen, gefährliches Spielverhalten gezielter zu erkennen.
Auch technisch ist noch Luft nach oben. Echtzeitüberwachung der Spielaktivitäten, bessere Datenanalysen, strengere Vorgaben für Zahlungsdienstleister, es gibt zahlreiche Stellschrauben und nicht zuletzt braucht es ein attraktiveres legales Angebot. Solange lizensierte Anbieter nur einen Bruchteil dessen bieten dürfen, was auf dem Schwarzmarkt Standard ist, wird sich an der aktuellen Schieflage wenig ändern.
Was bringt die Zukunft?
Spätestens 2026 steht die große Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags an. Doch schon jetzt ist klar, dass sich vorher etwas bewegen muss. Der politische Druck ist zu groß, der wirtschaftliche Schaden zu offensichtlich. Viele Anbieter denken laut über den Rückzug vom deutschen Markt nach, andere umgehen die Regeln über Umwege, das Vertrauen in die Regulierungslandschaft bröckelt.
Wie die Reform am Ende aussehen wird, ist noch offen. Vielleicht braucht es weniger Vorschriften, aber dafür bessere. Vielleicht muss auch einfach das umgesetzt werden, was auf dem Papier längst steht. Die nächsten Monate werden zeigen, ob Deutschland den Mut zur Kurskorrektur findet oder ob der Schwarzmarkt weiterhin das Spiel diktiert.
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