- 10. Juli 2024
FRS for Future - nachhaltige Schifffahrt durch ein innovatives Unternehmen
Die nachhaltige Schifffahrt gewinnt hinsichtlich der einzuhaltenden Klimaschutzziele immer mehr an Bedeutung. Bereits 2022 durfte ich im Rahmen eines Wirtschaftspraktikums das Flensburger Unternehmen FRS - eine große internationale Reederei - näher kennenlernen. Mich packte der Ehrgeiz, und ich wollte mehr wissen. Wie schafft es das Unternehmen, nachhaltig zu agieren? Gelingt dies an jedem Standort? Wie wirken sich aktuelle Krisen auf das nachhaltige Handeln des Unternehmens aus? FRS - ein Interview mit Sabrina Hornig, Corporate Director Fleet Management.
Katharina Friemert: Umweltbewusstsein tritt immer mehr in den Fokus der menschlichen Handlungen. Wie hat sich FRS den Zielen der Nachhaltigkeit verschrieben?
Hornig: “Als Leitung des übergreifenden Flottenmanagements bei FRS lässt sich sagen, dass Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle spielt und den größten Effekt auf unsere Position in der Schifffahrt hat. Schon sehr früh haben wir uns zum Betrieb von Solarfähren aus diesem Grund entschlossen - 2011/12 wurde mit dem Bau der ersten Solarfähren begonnen, die wir auch heute noch unter anderem im öffentlichen Nahverkehr in Berlin einsetzen. Zudem sind wir ebenfalls kontinuierlich bestrebt, Brennstoff einzusparen und den Energieverbrauch im Betrieb zu senken. Dabei haben wir zunehmend auch Emissionsvorschriften von außen, welche wir als Schiffsbetreiber einhalten müssen. Diese sind abhängig von Schiffsgröße und Schiffstyp. So gibt es zum Beispiel von der International Maritime Organisation (IMO) einige Vorschriften, die unsere weltweiten Seeschiffe betreffen. Von der EU im Rahmen des “Fit For 55” oder auch „Green Deal“ gibt es ebenso Anordnungen.
Darüber hinaus haben wir noch weitere, die uns teilweise dann auf nationaler oder regionaler Ebene betreffen. Im Fleet-Management hat FRS ein strukturiertes Zero-Emission-Programm aufgesetzt, in welchem die technischen, operativen und technologischen Aktivitäten in puncto Nachhaltigkeit der Schiffe gebündelt werden. Für jedes einzelne Schiff unserer Flotte definieren wir eine Roadmap, generieren und sammeln Ideen für verschiedene Maßnahmen und Projekte. Nach einer abgestimmten Priorisierung widmen wir uns deren Umsetzung, um weiteren Brennstoff einzusparen und neue Technologien an Bord zu bringen. Durch die Vielfalt unserer Flotte gibt es keinen One-Fits-All-Ansatz für Nachhaltigkeit: Für jedes einzelne Schiff bzw. jede Linie muss ein eigenes Nachhaltigkeitskonzept erstellt werden. Das kann beispielsweise ein Unterwasseranstrich mit Silikon- oder Graphitfarbe sein, um die Gleiteigenschaften zu verbessern oder der Ersatz von veralteten Glühbirnen durch energieeffizientere LED-Lampen. Zudem entwickeln wir uns stetig weiter, sodass wir außerdem auf den Schiffen die Abwärme der Motoren nutzen oder auf Solarpanels und Batterien an Bord setzen. Alternative Brennstoffe und Energiequellen wie Biodiesel, Methanol und Wasserstoff finden immer häufiger Anwendung. Der Fortschritt schafft immer mehr Möglichkeiten.
Katharina Friemert: FRS ist ein weltweit in Erscheinung tretendes Unternehmen. Wie unterscheidet sich das nachhaltige Agieren von FRS in den unterschiedlichen Regionen der Welt?
Hornig: “Natürlich sind wir in unserer Unternehmensstruktur und unseren Märkten sehr breit aufgestellt. Da FRS in vielen Regionen aktiv vertreten ist, ist das Unternehmen unterschiedlichen Rahmenbedingungen ausgesetzt und muss sich den jeweiligen lokalen Besonderheiten anpassen. Diese Rahmenbedingungen variieren selbstverständlich je nach Region und dem unterschiedlichen Verständnis sowie dem Bedürfnis der Kunden, was das Thema Nachhaltigkeit betrifft. In einigen unserer Märkte spielt dies heute schon eine stärkere Rolle. Gerade im öffentlichen Nahverkehr bemerken wir ein sehr stark gestiegenes Interesse der Kunden, die unsere Fähren im Alltag nutzen, auf nachhaltigere oder emissionsfreie Schiffe zu setzen. Zudem haben wir je nach Region wiederum unterschiedliche Emissionsvorschriften. Wie schon in der vorherigen Frage erwähnt, reichen diese dann von internationalen Vorschriften der IMO und EU, über nationale bis hin zu Hafen bezogenen Vorschriften. Darüber hinaus gibt es auch bestimmte ausgewiesene Meeres- oder Gebietszonen, in denen darüber hinaus zusätzliche Vorschriften und Regularien bestehen, was zum Beispiel die Schadstoffemissionen, hier exemplarisch den Schwefelgehalt des verwendeten Brennstoffes angeht. Neben diesen ebenfalls zu beachtenden Regularien haben wir noch bestimmte natur- und artenschutzbezogene Themen, mit denen wir uns befassen. So lässt sich hier unsere Verbindung mit der FRS Helgoline durch das Weltnaturerbe Wattenmeer anführen, aber auch weitere Verbindungen in besonderen Meeresregionen wie dem „Pacific Northwest" in den USA und Kanada, wo wir mit FRS Clipper Linienverbindungen sowie Whale Watching Touren anbieten. Dieses Angebot lässt schon vermuten, dass hier der Natur- und Artenschutz eine große Rolle spielt. Diese Region hat unter anderem große Walpopulationen, die wir berücksichtigen müssen, wenn wir mit unseren Schiffen das Gebiet durchqueren. Schallwerte – also Unterwasserschallwerte und deren Grenzwerte – müssen wir einhalten genauso wie wir bestimmte Zonen - je nach Standort der Walpopulation – bei unserer Routenplanung meiden, um an dieser Stelle eine Kollision mit Meeresbewohnern zu verhindern.”
Katharina Friemert: Die Unternehmen stehen in einem stetigen Wettbewerb. Wo steht FRS im Ranking der Reedereien bei Nachhaltigkeit und Mobilität?
Hornig: “Das ist eine sehr gute, aber auch schwierig zu beantwortende Frage, denn es gibt diesbezüglich keine öffentlich zugänglichen Datenbanken und Rankings, da die Schifffahrt zu vielfältig ist. Es gibt einfach zu viele unterschiedliche Schiffstypen sowie Schiffsgrößen und Anwendungsgebiete, sodass einheitliche Vergleichskriterien sehr differenziert sind. Wenn man bestrebt ist, sich in Richtung eines Rankings zu orientieren, dann ließe sich dies auf internationaler Ebene für unsere größeren Seeschiffe noch am ehesten betrachten. Hierzu gibt es eine Emissionsvorschrift von der IMO, den Carbon Intensity Indicator (CII), welcher im Grunde genommen wie die Elektro-Energieeffizienzklassen gerankt ist, welches man von Elektrogeräten kennt. So wäre ein A-Ranking das beste und ein E-Ranking das schlechteste. Auf der Skala bewegt man sich dann und wird jährlich nach dem im Schiffsbetrieb emittierten CO2-Ausstoß bewertet. Bei Betrachtung dieses Rankings liegen wir auf einem sehr guten B-Ranking, also im grünen Bereich, und dies auch noch über die nächsten Jahre. Hierbei sind wir bestrebt, unseren Platz im Ranking zu halten und liefern kontinuierlich Ideen und Maßnahmen zur Umsetzung nach, um an dieser Stelle noch weitere Verbesserungen zu erzielen. So eine Maßnahme kann beispielsweise ein Projekt zur effektiven Nutzung von Landstrom sein. Damit wollen wir gewährleisten, die Motoren nicht kontinuierlich laufen zu lassen während der Aufenthalte im Hafen. Anstelle dessen nutzen wir vorzugsweise den Strom vom Land, um unsere Bordsysteme während des Aufenthalts im Hafen betreiben zu können. Bei den kleineren Schiffen, die zahlenmäßig den Großteil unserer Flotte ausmachen, wird es schwierig, ein Vergleichsranking zwischen den Reedereien zu finden, da es diese genannten Mechanismen der größeren Schiffe schlicht und einfach nicht gibt. Wir waren eine der ersten Reedereien, die sehr früh - vor über 10 Jahren - auf Solarfähren gesetzt hat, die wir bis jetzt mit großem Erfolg betreiben. Auch auf weiteren Fähren haben wir aktuell Projekte in der Umsetzung und sogar kürzlich schon umgesetzt. So haben wir nachträglich einen Teil unserer Autofähren hybridisiert, das heißt zu den konventionellen Dieselmotoren Batterien an Bord installiert, mit denen ein Hybridbetrieb oder auch zeitweise ein vollelektrischer Betrieb gewährleistet werden kann. Bei unseren Binnenschiffen und kleineren Schiffen sehen wir die Zukunft in der vollen Elektrifizierung und teilweise Hybridisierung der Flotte, weil im Binnenschiffsbereich die besten Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei sind wir natürlich darauf angewiesen, dass es technisch umsetzbar und wirtschaftlich ist, denn am Ende des Tages sind wir immer noch ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen.”
Katharina Friemert: Sie sprachen von kleineren und größeren Schiffen. Von welcher Größenordnung ist die Rede?
Hornig: “Also wenn ich von größeren bzw. großen Schiffen spreche, kann man sich sehr gut an den Regelwerken der IMO oder der EU orientieren. Die meisten Maßnahmen treffen hier auf Schiffe ab einer Größe von 5000 GT (Gross Tonnage) zu. Unser Schnellkatamaran Skane Jet, der zwischen Saßnitz und Südschweden fährt, ist knapp oberhalb dieser Grenze. Unterhalb dieser Grenze liegen dann beispielsweise der Halunder Jet oder die Syltfähren bei den Seeschiffen - die ordnen wir aus Flottenmanagement-Sicht im mittleren Bereich ein. Zu den kleinen Schiffen zählen wir dann unsere Binnenschiffe wie die der FRS Elbfähre oder der Weiße Flotte.”
Katharina Friemert: Seit Februar 2022 hält die ganze Welt den Atem an. Wie wirken sich die aktuellen Krisen durch den Ukraine-Konflikt und die Lage im Nahen Osten auf die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens aus?
Hornig: "Der Nahe Osten betrifft uns zum Glück aus FRS-Sicht nicht. In dieser Region haben wir keine Verbindungen. Der Ukraine-Konflikt tangiert uns allerdings schon und hat gezeigt, dass die langfristige Planbarkeit, auch hinsichtlich der zu berücksichtigen Rahmenbedingungen, bei unserer Nachhaltigkeitsstrategie nicht länger gegeben ist. Durch den Ukraine-Konflikt haben wir massiv schwankende Brennstoffpreise verkraften müssen. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung für sämtliche Nachhaltigkeitsprojekte, die wir umsetzen wollen oder wollten, erschwerte sich erheblich, da unklar war, wie Brennstoffe und Strom einzupreisen sind. Seit dem Ukraine-Konflikt ist die Verfügbarkeit von qualifizierten Seeleuten und Personal weiter gesunken. Zuvor ließen sich viele russische und ukrainische Seeleute für unsere Seeschiffe gewinnen. Der Ukraine-Konflikt zog Sanktionsbestimmungen nach sich, die wir einhalten müssen. Unsere Lieferketten für Teile und Komponentenversorgung der Schiffe sind sehr komplex. An dieser Stelle sprechen wir über Themen wie Exportkontrolle. Kleinere und mittelständische Unternehmen - wie die FRS - müssen infolgedessen einen hohen administrativen Aufwand schultern, um den geltenden Sanktionsbestimmungen gerecht zu werden. Der Ukraine-Konflikt hat uns allen vor Augen geführt, dass jetzt und in Zukunft politische Stabilität bei allen Unternehmensentscheidungen eine immer stärker zu gewichtende Rolle spielt.”
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