
- 27. März 2025
Ersatz ist dringend und problemlos möglich
Umweltschädliches Schmerzmittel Dicolfenac
Das Schmerzmittel Diclofenac schädigt die Umwelt stark. Trotzdem ist es der weltweite Spitzenreiter im Verkauf. Das muss sich ändern. Diclofenac zu ersetzen, geht gut, denn: Es gibt gleichwertige Alternativen.
2021 starb in Spanien der erste Geiers Europas, dessen Tod sich auf eine erhöhte Diclofenac-Konzentration im Gewebe zurückführen liess. Denn Spanien hatte 2014 wie Italien Diclofenac für Nutztiere zugelassen. Damit droht sich heute in Südeuropa zu wiederholen, was in Indien, Nepal und Pakistan schon in den 1990er-Jahren geschah: Die Geierpopulation schrumpfe in zehn Jahren um 95 bis 99 Prozent. Es war der schnellste und massivste Bestandsrückgang einer Vogelart in der Geschichte. Erst rund zehn Jahre später fand man die Ursache: Die Geier sind an Nierenversagen durch Diclofenac verstorben.
Der Schmerz- und Entzündungshemmer Diclofenac wurde 1973 von Ciba-Geigy (heute Novartis) unter dem Handelsnamen Voltaren auf den Markt gebracht. Heute ist es weltweit das am meisten verschriebenen nichtsteroidalen Antirheumatikum (NSAR) bei Schmerzen.
Diclofenac in der Rinderzucht und das Sterben der Geier
1993 wurden in Indien die ersten Generika für Diclofenac zugelassen. Nun konnten die in erster Linie die Rinder teils präventiv damit behandeln, um sie im steilen und unwegsamen Gelände besser also schmerzarm weiden zu lassen. Dabei stürzten Tiere ab oder verendeten anderweitig. Für die Geier ein gefundenes, aber tödliches Fressen, wie rund 10 Jahre später auskommt. Denn bei den Aasfressern führt eine Genvariante zum verzögerten Abbau des Diclofenacs, welches so rund hundert Mal stärker wirkt. Die toxische Wirkung zeigt sich in Nierenversagen.
Der Zusammenbruch der Geierpopulation bewirkte eine Zunahme ihrer Beutetiere wie Ratten und streunende Hunden. Diese brachten als Krankheitsträger weitere Probleme mit sich. Die herumliegenden Rindskadaver wirken sich zudem auch auf die (Trink-)Wasserqualität aus, was bei der Bevölkerung mehr Krankheiten verursachte.
Seit 2006 ist in Asien Diclofenac in der Veterinärmedizin verboten. Auch in Mitteleuropa ist die Substanz in der Tiermedizin verboten.
Dank eines Wiederansiedlungsprojekts leben Im Engadin und im Wallis mittlerweile wieder 27 Bartgeier-Paare. Aber nicht nur Geier, sondern auch Steinadler, die auf der Roten Liste ebenfalls als potenziell gefährdete Art gelten, tragen dieselbe genetische Mutation. Auch sie sind somit bedroht durch den Verzehr von mit Diclofenac belasteten Lebewesen.
Verlangsamter Abbau teils auch beim Menschen
Dieselbe Genvariante wie bei den Geiern kommt auch bei 8 bis 13 Prozent der Menschen vor. Sie können z. B. Diclofenac nur verlangsamt abbauen. Das kann u.a. zu Nierenschädigungen und Magenblutungen führen.
Der grösste Eintrag ins Abwasser entsteht jedoch beim Händewaschen nach der Anwendung von Diclofenac-haltigem Gel. Diclofenac aber wird – wie sehr viele andere Medikamente auch – in den meisten Abwasserreinigungsanlagen (ARA) nicht entfernt. Nur die wenigen ARAs, die über eine vierte Reinigungsstufe verfügen, entfernen rund 75 Prozent des Diclofenac. Im Wasser hat Diclofenac teils verheerende Auswirkungen: In Fliessgewässern wandeln es etwa die Flohkrebse in ein 100-mal giftigeren Diclofenac-Methyl-Ester um. Das führt zu Nieren- und Kiemenversagen bei Fischen und anderen Wasserlebewesen.
Alternativen zu Diclofenac
Es gibt zahlreiche Ersatzprodukte für Diclofenac. Ihre Toxizität für Gewässerorganismen ist oft deutlich geringer. Die Alternativen sind genügend gut erprobt, wirksam und mit geringerer oder gar keiner Ökotoxizität. Für Diclofenac gibt es aus Sicht der AefU darum keine Berechtigung mehr in der Medizin.
Eine zurückhaltende Abgabe bzw. Verschreibung von Diclofenac ist dringend angezeigt, insbesondere auch bei den rezeptfrei-erhältlichen Gels.
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