- 14. Februar 2023
DIHK-Umfrage zum Digitalisierungsstand in deutschen Unternehmen: Fortschritt tritt auf der Stelle
Die Unternehmen bleiben bei einer durchwachsenen Selbsteinschätzung in puncto Digitalisierung. Wie auch im Vorjahr wählen sie im Durchschnitt mit der Schulnote „befriedigend“ (2,9). Dabei setzen die Betriebe Vieles daran, aufzuholen. Angesichts der schnellen Entwicklung der Technologie und den weiteren wirtschaftlichen Herausforderungen gelingt der Sprung nach vorn kaum. So geben 37 Prozent (im Vorjahr 36 Prozent) einen Mangel an zeitlichen, 34 Prozent (gleicher Wert zum Vorjahr) einen Mangel an finanziellen Ressourcen als Haupthemmnis bei der digitalen Transformation an. „Durch steigende Preise und Fachkräftemangel werden die Unternehmen gezwungen, bei ihren eigenen Digitalisierungsbemühungen Prioritäten zu setzen“, sagt Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung.
„Beim Blick in die Motive für Digitalisierung macht sich das starke Bedürfnis der Unternehmen für Effizienz und Flexibilität bemerkbar.“ 43 Prozent der Unternehmen (zu 39 Prozent im Vorjahr) wollen mithilfe der Digitalisierung ihre laufenden Kosten senken, ganze 75 Prozent (zu 51 Prozent im Vorjahr) nutzen die Digitalisierung zur Flexibilisierung von Arbeitsabläufen – wie etwa durch ortsunabhängige Inspektion mithilfe von Virtual-Reality-Brillen. Auch der starke Anstieg des mobilen Arbeitens fließt hier mit rein. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter mehr als 4.000 bundesweiten Betrieben hervor, die zu ihren eigenen Motiven und Herausforderungen bei der Umsetzung der Digitalisierung befragt wurden.
Die Fokussierung auf Flexibilität und Effizienz schränkt den Spielraum für innovative Entwicklungen und neue Geschäftsmodelle ein. So sind Themen wie strategische Unternehmensentwicklung (32 Prozent nach 37 Prozent im Vorjahr), Nutzensteigerung (28 Prozent nach zuvor 30 Prozent) oder Neuentwicklungen (26 Prozent nach 31 Prozent) rückläufig gegenüber dem Vorjahr. „Das zeigt, dass die Unternehmen zwar in schrittweise Veränderungen investieren, große strategische Sprünge allerdings derzeit hintenanstellen müssen. “
Fachkräftemangel und Bürokratie kommen erschwerend hinzu
Neben den unternehmensinternen Herausforderungen hemmen auch externe Faktoren die zügige Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben: Knapp jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent, 24 Prozent im Vorjahr) klagt über den anhaltenden Mangel an IT-Fachkräften. Vor allem Betriebe mit mehr als 1.000 Beschäftigten nennen den IT-Fachkräftemangel sogar als zweitgrößte Herausforderung (34 Prozent). Regularien und bürokratischer Aufwand werden als weitere Hemmnisse genannt: So verspüren 16 Prozent der Unternehmen große Unsicherheit bei der Umsetzung rechtlicher Vorgaben, bei den kleineren Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten sind es sogar 23 Prozent. Unternehmen berichten in den freien Antwortmöglichkeiten zudem von kostspieligen und zeitintensiven Prozessen, die unter anderem auf die unzureichende Digitalisierung der öffentlichen Hand zurückzuführen sind, zum Beispiel Medienbrüche oder fehlende Schnittstellen. Beim Ausbau der digitalen Infrastruktur geht es immerhin kontinuierlich voran: 75 Prozent der Unternehmen geben an, dass die aktuelle Verfügbarkeit ihrem Bedarf entspricht (gegenüber 71 Prozent im Jahr 2021 und 65 Prozent im Jahr 2020). Zum Bild gehört aber noch immer, dass jedes vierte Unternehmen eine unzureichende Internetversorgung hat.
Sorge vor Cyberkriminalität bleibt große Herausforderung
Mit voranschreitender Digitalisierung, Datennutzung und Vernetzung nimmt auch das Risiko für Unternehmen zu, Opfer von digitaler Erpressung, Sabotage und Spionage zu werden. Sicherheitsrisiken bleiben für die Unternehmen daher große Herausforderungen (20 Prozent nach 23 Prozent im Vorjahr). Zwar haben die Unternehmen dieses Risiko häufig bereits erkannt und technische Vorkehrungen getroffen. Doch das Risiko bleibt bestehen – wie nicht zuletzt die jüngsten Attacken zeigen.
Politischer Handlungsbedarf bleibt groß
Um diese vielschichtigen Herausforderungen meistern zu können, benötigen die Unternehmen auch Veränderungen bei den Rahmenbedingungen. Nothnagel: “Die Politik darf digitalpolitische Vorhaben nicht auf die lange Bank schieben. Was wir jetzt brauchen, sind praxistaugliche regulatorische Anforderungen, die angemessen und rechtssicher ausgestaltet sind.” Insbesondere die datenschutzrechtlichen Unklarheiten, die in der Praxis bestehen, müssen geklärt werden. Es droht sonst eine langjährige Unsicherheit. Prozesse vor allem zwischen Unternehmen und Verwaltungen sollten, so Nothnagel, schnell und digital abgewickelt werden können. “Die Unternehmen brauchen ein breites Unterstützungsangebot. Benötigt werden neben spezifischen Anlaufstellen und Fördermöglichkeiten vor allem niedrigschwellige Basisangebote, die die Unternehmen bei den ersten Schritten der Digitalisierung unterstützen. Darüber hinaus sind Kompetenzaufbau und leistungsfähiges Internet weitere wichtige Voraussetzungen. Nur dann werden sie die erforderlichen Kapazitäten haben, um betriebliche Digitalisierungsprojekte zügig voranzutreiben.”
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