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Ich lasse mich vom „Wahl-o-mat“ nicht zum NPDler-machen!
Ja oder Nein ©Gerald Kaufmann
  • 27. September 2021

Ich lasse mich vom „Wahl-o-mat“ nicht zum NPDler-machen!

Von Dennis Riehle | Konstanz

Es ist zweifelsohne sinnvoll, die politische Bildung in Deutschland auch dadurch zu fördern, dass wir mit Information über Programme, Orientierungsmöglichkeiten über die Parteien und Entscheidungshilfen über das Kreuz auf dem Stimmzettel zu einer Mobilisierung von Wählern beitragen. Doch nicht zum ersten Mal ist der sogenannte „Wahl-o-mat“ in die Kritik geraten. Kann man mit 30 – 40 Fragen tatsächlich herausfinden, mit welcher politischen Kraft ein Nutzer des Angebots die größtmöglichen inhaltlichen Übereinstimmungen hat?

Zweifelsohne: Damit dieses interaktive Tool verwendet wird, muss es bedienerfreundlich sein. Da können nicht hunderte Positionen abgefragt werden, die eigentlich notwendig wären, um eine umfassende Vergleichsgrundlage zu schaffen. Unbestritten ist auch, dass man sich insofern in der „Wahl-o-mat“-Redaktion auf Thesen fokussieren muss, in denen sich die Parteien am stärksten unterscheiden, weil es nur so möglich ist, dem Benutzer ein abgestuftes Bild über die potenzielle Verbundenheit zu einzelnen politischen Richtungen zu liefern. Hierdurch erfolgt allerdings eine thematische Polarisierung, wesentliche Komplexe bleiben unbeachtet, weil sie nicht hinreichend der Differenzierung dienen.

Ich war überrascht, als mich die Anwendung nach der aktuellen Nutzung zur Bundestagswahl in den oberen Ergebnissen der NPD nahe sah. Als diametral dieser Partei entgegenstehender Mensch ist es fast eine Zumutung, sich solch einem Resultat ausgesetzt zu sehen. Immerhin macht es aber auch deutlich: Seine Aussagekraft tendiert gegen null. Es irritiert vielmehr, anstatt zu orientieren. Trotz mannigfaltiger Hinweise, wonach der „Wahl-o-mat“ keine Wahlempfehlung abgeben will, wird er von vielen Nutzern als solche verstanden.

Man muss sich fragen, ob wir solche Angebote tatsächlich benötigen, die automatisierte Ergebnisse ausspucken und beispielsweise keinerlei Rücksicht auf die grundlegende politische Ausrichtung des Anwenders nehmen. Denn nur so lässt sich erklären, weshalb bürgerlich orientierte User plötzlich links sind – und Sozialdemokraten laut „Wahl-o-mat“ angeblich mit den Haltungen der AfD sympathisieren. Es mag ein netter Versuch hinter dem Projekt stehen, dem Wähler in einer immer komplexer werdenden Vielfalt an politischen Aussagen Entscheidungshilfe zu bieten. Doch das Tool scheint offenbar zu verwirren und Empörung zu stiften, trägt also wenig zum politischen Frieden bei.

Insofern muss der Zweifel erlaubt sein, ob das Angebot auch künftig in seiner jetzigen Form aufgelegt werden soll – oder ob wir es dem Wähler nicht doch wieder „zumuten“ dürfen, wie „in alten Zeiten“ Parteiprogramme manuell zu vergleichen und auf seine Souveränität zu setzen, das Wahlkreuz ohne Online-Unterstützung an der für ihn tatsächlich stimmigsten Stelle zu positionieren.


Ressort: Politik

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