
- 09. April 2025
Zu viel gefährliches o-Benzidin im Grundwasser
Ehemaliges Chemiegelände Klybeck in Basel-Stadt
Beim ehemaligen Basler Chemiegelände Klybeck ist der vorläufige Grenzwert für das gefährliche o-Benzidin im Grundwasser überschritten. Dies zeigt eine Auswertung von Analyseergebnissen des Amts für Umwelt und Energie Basel-Stadt (AUE BS) durch die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU). Im Klybeck dürften somit weiteren Sanierungen gemäss Altlastenverordnung anstehen.
Bei Benzidin und o-Benzidin handelt es sich um zwei verschiedene chemische Substanzen. Sie sind aber in etwa gleich problematisch: Bei Altlasten liegt der Grenzwert (k-Wert) für den Blasenkrebsauslöser Benzidin bei 1.5 Nanogramm pro Liter (ng/l) Grundwasser. Das ist fast nichts. Auch der vorläufige Grenzwert für o-Benzidin liegt ähnlich tief: Die Firma Fobig legte ihn bei 1.5 ng/l Grundwasser fest, die Econetta AG bei >1.5 ng/l[i]. Somit haben die beiden Substanzen Benzidin und o-Benzidin weitgehend identische Grenzwerte. Das zeigt: Nicht nur Benzidin, sondern auch o-Benzidin ist eine Hochrisikosubstanz.
Das Amt für Umweltschutz und Energie des Kantons Basel-Land (AUE BL) hatte die beiden Firmen beauftragt, einen Grenzwert für o-Benzidin herzuleiten, weil er in der Altlastenverordnung (AltlV) fehlt. Der Grenzwert ist vorläufig, weil ihn das Bundesamt für Umwelt noch nicht bewilligt hat. Er wurde allerdings nach allgemein gültigen, toxikologischen Kriterien hergeleitet und ist deshalb auch für das Klybeck anwendbar. Dort verdoppelt er sich gemäss AltlV, weil kein Trinkwasser gefährdet ist. Im Basler Klybeck liegt der Grenzwert für o-Benzidin im Grundwasser somit bei 3 ng/l bzw. >3 ng/l.
Mehr heikles o-Benzidin als zulässig
o-Benzidin suchte das Labor des AUE BS im Klybeck erstmals im Januar 2024 u. a. im Unteren Rheinweg am Rand von Areals 1 des Chemiegeländes. Dort, im Grundwasser der Messstelle 726, wies es das heikle o-Benzidin in einer Konzentration von 3.8 ng/l nach. Dies zeigt eine Auswertung der Datenbank «Umweltanalyse Grundwasser» des Kantons Basel-Stadt durch die AefU. Die Konzentration von o-Benzidin liegt somit deutlich über den vorläufigen Grenzwerten von 3 ng/l bzw. >3 ng/l. Ist diese Limite überschritten, muss die Altlast gemäss Altlastenverordnung saniert werden.
Die Regierung des Kantons Basel Stadt schrieb am 2. April in der Antwort auf eine Interpellation von Grossrätin Tonja Zürcher (BASTA): Zwar sei 2024 im Klybeck beim Areal 1 an zwei Messpunkten erneut Benzidin nachgewiesen worden. «Der Grenzwert für Sanierungsbedürftigkeit wurde aber nie überschritten.» Die Ergebnisse seien publiziert. Als Beleg dafür verweist die Regierung auf eine pdf-Datei im Netz mit Analyseergebnissen vom Mai 2024. Im Mai 2024 aber wurde in der Probestelle 726 weder Benzidin noch o-Benzidin nachgewiesen. In der Antwort der Basler Regierung an das Parlament aber fehlt ein direkter Hinweis auf die Analyseergebnisse vom Januar 2024, als der Grenzwert für o-Benzidin überschritten war.
Den Behörden von Basel-Stadt bekannt
Dabei kennt Regierungsrat Kaspar Sutter (SP) den vorläufigen Grenzwert für o-Benzidin. Er ist in einer Liste aufgeführt, die ihm die AefU am 1. Juli 2024 anlässlich eines Gesprächs übergeben haben. Anwesend waren auch Matthias Nabholz, Chef des AUE BS sowie einer seiner Mitarbeiter. Trotzdem scheinen sie im Klybeck die Grenzwertüberschreitung beim o-Benzidin ignoriert zu haben.
Bei «Transparenz-Offensive» nicht erwähnt
Am 18. März 2025 starteten die Rhystadt AG und die Swiss Life AG an einer Medienkonferenz eine «Transparenz-Offensive», wie danach die Basler Zeitung und die BZ Basel übereinstimmend berichteten. An diesem Anlass thematisierten die heutigen Besitzerinnen des ehemaligen Chemieareals Klybeck über den «aktuellen Kenntnisstand» der Belastungen. Sie hätten ein «umfangreiches Bild». Es gäbe «nur eine sanierungspflichte Altlast» gemäss Altlastenverordnung, nämlich ein Chlorbenzolschaden im Areal 3.
Dass auch im Areal 1 des Klybeckareals wegen o-Benzidin Sanierungspflicht droht, haben Rhystadt und Swiss Life an ihrer Medienkonferenz nicht erwähnt.
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