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Koalas retten im Schlaf
v.l.: Mikael Tas und Julian Reick, Gründer von twenty:three
  • 08. März 2023

Koalas retten im Schlaf

Von EMILY KOCH

Interview Julian Reick und Mikael Tas, Gründer twenty:three

Mit twenty:three haben Julian Reick und Mikael Tas 2021 nach schlafzimmer.de ein Startup für ökologische Premium-Bettwäsche aus Eukalyptus gegründet, das alle besser schlafen lässt. In nur 6 Monaten hatten die Stuttgarter bereits 5.000 Sets verkauft, somit 5.000 Bäume gepflanzt und dazu 5 Tonnen Plastik aus dem Meer gesammelt. Im Interview teilen Julian und Mikael ihre Erfolgsgeschichte.

Hey Julian & Mikael, wie seid ihr auf die Idee mit twenty:three gekommen?

Julian: Wir waren 3 Jahre mit schlafzimmer.de erfolgreich, wo wir uns dem Thema gesunder Schlaf gewidmet haben. Die Website ist eine Mischung aus Magazin und Plattform, die informiert und Produkte testet. Dabei haben wir jede Menge fundiertes Wissen angehäuft und hatten schnell eine Millionen Nutzer im Monat. Die Reichweite hat uns total begeistert und es entstand die Idee, mit eigenen Produkten an den Start zu gehen.

Warum ist der Kosmos rund um das Thema gesunder Schlaf so ein spannender Markt?

Mikael: Erholsamer Schlaf ist ein absolutes Grundbedürfnis. Darum suchen Menschen intensiv nach Ritualen und Produkten, die dabei unterstützen und sind auch gerne bereit, in Qualität zu investieren.

Warum habt ihr mit Bettwäsche losgelegt?

Mikael: Wir wollten ein Premiumprodukt anbieten, das durch den direkten Vertrieb fair bepreist ist, das aber konsequent nachhaltig gedacht ist – und damit ein positives Kauferlebnis schafft. Im März 2021 dachten wir: Jetzt oder nie! Die Menschen bleiben daheim und legen Wert auf eine gesunde Wohnumgebung.

Julian: Das Produkt Bettwäsche lag auf der Hand, da es den Schlaf wesentlich beeinflusst und auch häufiger angeschafft wird als ein Möbelstück. Das bisherige Angebot ist aus unserer Sicht mau. Es gibt sehr günstige und überhaupt nicht nachhaltige Produkte, die schon gar nicht fair gefertigt werden. Und es gibt sehr teure Ware, die aber nicht unbedingt ökologischer ist und oft nicht mal einen wesentlichen Qualitätssprung abbildet. Und das, obwohl sie mehrere hundert Euro kostet. Da verlängern nur die Marken und Zwischenhändler unnötig die Wertschöpfungskette.

Wieso fiel Eure Entscheidung auf Eukalyptus?

Mikael: Wir sind absolute Eukalyptus-Fans! Das Gewebe ist Baumwolle einfach so weit überlegen, dass man sich fragt, warum so viele Heimtextilien immer noch aus Baumwolle, Seide, Leinen und CO. gemacht werden.

Warum haben Mikael und Du gemeinsam gegründet?

Julian: Mikael und ich sind seit unserer Schulzeit in Stuttgart enge Kumpel und haben uns schon früh für die Selbstständigkeit begeistert. Wir kommen beide aus Unternehmerfamilien und unsere Stärken ergänzen sich. Ich bin der Kreative, der sich um den Markenaufbau kümmert und Mikael ist der perfekte Planer und Zahlenmensch, der unsere Wachstumsambitionen steuert und die Umsetzbarkeit im Blick behält.

Was waren die ersten Schritte der Gründung?

Mikael: Zuerst haben wir Produzenten gesucht, die das Produkt nach unseren Vorstellungen umsetzen können. Durch unser großes Netzwerk von schlafzimmer.de hatten wir bereits einen engen Draht zu vielen Herstellern und konnten sehr gut vergleichen und Prototypen entwickeln.

Wie seid ihr auf den Namen gekommen?

Julian: Uns war es wichtig, dass die Marke mit uns beiden persönlich verbunden ist. Wie der Zufall so will haben wir beide an einem 23. Geburtstag. Wir waren uns beide auf Anhieb einig. Der Markenname präsentiert uns beide gleichzeitig.

Wie hat sich twenty:three entwickelt? 

Mikael: Sehr positiv. Im ersten Jahr haben wir 5.000 Sets verkauft, 2022 schon 10.000 Sets. Der nachhaltige Ansatz hat viele Kunden begeistert. Besonders positiv ist uns aufgefallen, dass nicht nur die Generation Instagram bei uns bestellt, sondern alle Altersgruppen. Wir finden es toll, dass immer mehr Menschen bewusst konsumieren und sich mit Produkten und deren Herkunft auseinandersetzen. Hier weiter aufzuklären und die Vorteile der Eukalyptusfaser sichtbar zu machen, ist uns mit den Themen Wiederaufforstung, Plastikvermeidung und der Rettung der Koalas total zum Anliegen geworden. Das möchten wir deshalb auch unbedingt ausbauen. 2023 werden wir deshalb weitere Zertifikate und nachhaltige Partnerschaften anstreben. Zum Beispiel möchten wir die Arbeit mit der Behindertenwerkstatt AIREV im Norden von Porto in Portugal intensivieren, wo unsere Scrunchies hergestellt werden.

Ist Verantwortungsbewusstsein ein relevantes Kaufargument?

Julian: Ja, total. Immer mehr Menschen wollen weniger kaufen und dann etwas Gutes, Langlebiges haben, das sie happy macht und auf der anderen Seite nicht der Umwelt schadet. Ich denke, es gibt nichts Wichtigeres. Wer bei uns ein Bettwäsche-Set kauft, pflanzt gleichzeitig einen Baum. Aber vor allem wird jede Menge graue Energie und Wasser bei der Herstellung von Tencel Lyocell gespart. Das sind Argumente, mit denen man Menschen für ein neues Material begeistern kann.

Bei Eukalyptusfaser denkt man ja erstmal: Puh, kann das weich sein?

Julian: Ja, viele denken das muss ja rau sein wie Leinen oder manch andere Naturfasern. Aber das Gegenteil ist der Fall. Das Gewebe ist so kuschelig weich, dass normale Baumwolle dagegen richtig abfällt – besonders nach häufigem Waschen. Eukalyptusfaser oder Tencel Lyocell fühlt sich eher an, wie eine Mischung aus Seide und Samt. Es ist thermoregulierend und ermöglich damit konstante Schlaftemperaturen, die für eine erholsame Nacht sehr förderlich sind. Dazu gibt es die Feuchtigkeit sehr gut wieder ab, speichert sie nicht so stark wie Baumwolle. Pro Nacht schwitzen wir immerhin rund einen Liter Flüssigkeit aus. Bleibt die Feuchtigkeit im Stoff, entstehen unangenehme Gerüche und bieten Raum für Allergie-Auslöser, weil sich Milben und Bakterien leichter vermehren.

Ist die Gewinnung der Eukalyptusfaser ökologischer als der Anbau von Baumwolle?

Mikael: Ja, sogar deutlich! Das Rohmaterial für unsere Bezüge stammt aus FSC-zertifiziertem Eukalyptusanbau in Süd-Afrika. Dieser benötigt rund 95% weniger Wasser als konventionelle Baumwolle und kommt dabei ganz ohne Dünger oder Chemikalien aus. Ein weiterer Vorteil von Tencel Lyocell ist das viel nachhaltigere Produktionsverfahren in einem nahezu komplett geschlossenen Kreislauf.  Und die Fasern sind biologisch abbaubar und kompostierbar – könnte ich jetzt ewig drüber reden, weil es echt eine faszinierende und unwahrscheinlich ganzheitlich gedachte Innovation ist.

Wie seid ihr auf das Koala Projekt gekommen und wie läuft das?

Julian: Tierwohl ist uns wichtig. Wir übernehmen einmal im Jahr eine Patenschaft für einen Koala, um den Erhalt der Spezies zu unterstützen. Genauso wichtig ist uns die Zusammenarbeit mit Plastic Free Planet und dem Eden Reforestation Project. Wir haben bereits 2 Koalas adoptiert, mehr als 15.000 Bäume gepflanzt und mehr als 5 Tonnen Plastik aus den Meeren geholt.

Mit wie vielen Produkten seid ihr gestartet, wie viele habt ihr aktuell?

Mikael: Wir haben mit drei Farben, Grau, Weiß und Rosé losgelegt - nur Bettwäsche, also Deckenbezug und Kopfkissen. Heute haben wir zehn Designs plus Spannbettlaken in drei Farben und Scrunchies, also Haargummies, in sieben Farben, die aus einem Betrieb in Portugal stammen, der von Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen geführt wird und Reste aus der Textilproduktion weiterverwertet.

Wie habt ihr es geschafft mit der neuen Marke twenty:three sichtbar zu werden?

Julian: Wir haben komplett auf Social Media gesetzt und sehr gute Erfahrungen gemacht. Unser Performance Marketing hat eine große Reichweite aufgebaut. Die wichtigsten Vorteile unserer Produkte kamen dabei sehr gut an. Dazu haben wir ausgefallene Creatives, konzipiert, welche die Vorteile gegenüber handelsüblicher Bettwäsche hervorragend in Szene gesetzt haben. Aber auch UGC-Content war unausweichlich. Somit konnten wir viele Informationen und Vorteile kurz und authentisch übermitteln.

Was war die größte Herausforderung bisher?

Mikael: Wir haben auf eine externe Finanzierung verzichtet und trotzdem auf Wachstum gesetzt. Da immer liquide zu bleiben war am Anfang schwierig, aber wir hatten ein gutes Fundament mit unserem anderen Unternehmen schlafzimmer.de, sodass wir unsere Unabhängigkeit bewahren konnten.

An welches Erfolgserlebnis denkt ihr gerne zurück?

Mikael: Wir haben den Black Friday 2022 hervorragend genutzt – eine tolle Teamleistung. Wir haben einen hohen 6-stelligen Umsatz an einem Tag geschafft, das war mega!

Welches ist Dein persönliches Lieblingsprodukt und warum?

Julian: Ich liebe unser Bettwäsche-Set in der Farbe Juice Petrol: cool, unisex, modern, passt in jedes Schlafzimmer! Der Style ist mein absoluter Favorit und daheim ständig im Einsatz.

Mikael: Ich bin ein Fan der neuen, schwarzen Bettwäsche, die bei uns Jet Black heißt. Einfach total cool!

Welche Ziele habt ihr euch für 2023 gesetzt? 

Mikael: Wir wollen unser Sortiment erweitern und weitere Produkte auf den Markt bringen, die aus Eukalyptusfaser bestehen. Und im nächsten Schritt würden wir auch weitere Märkte in Europa in Angriff nehmen – aber jetzt konzentrieren wir uns auf Deutschland.

Was braucht man um zu gründen? Was ratet ihr anderen Entrepreneuren?

Julian: Beharrlichkeit, Resilienz und Mut. Unserer Erfahrung nach ist der Weg zu einem erfolgreichen Unternehmen geprägt von Rückschlägen. Daher braucht jeder Gründer Durchhaltevermögen, um da durchzugehen, positiv zu bleiben und die Vision nicht aus den Augen zu verlieren. Selbstverständlich wird auch Mut benötigt, denn Fortschritte werden nur mit der Bereitschaft zu einem gewissen unternehmerischen Risiko erzielt.




Ressort: Lifestyle & Wohlbefinden

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