- 31. Januar 2022
„Wer kann denn schon bestimmen, wie Pazifismus auszusehen hat?“
Enttäuschung über Reaktion aus der Deutschen Friedensgesellschaf
Konstanz. Mit Befremden reagiert der 36-jährige Konstanzer Journalist, Dennis Riehle, der sich seit jeher politisch einbringt, auf Aussagen in der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK) mit ihrem baden-württembergischen Landesverband zu seinen Äußerungen anlässlich des Großen Zapfenstreichs zum Abschluss des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr. Unter anderem kritisierte ein namhafter Vertreter des Vereins, dass sich Riehle in seinen Einlassungen zu verständnisvoll für die Sichtweise der Soldaten gezeigt habe. Auch sein Versuch einer differenzierten Aufarbeitung der politischen Fehler wurde von Seiten des DFG-Mitgliedes angeprangert, weil die Politik von Beginn an grundsätzlich unrichtig gewesen sei. Der Einordnung Riehles, wonach man heute demütiger auf den zurückliegenden Einsatz blicke, wurde ebenso widersprochen wie der Meinung, dass Deutschland im Rahmen seiner Mitgliedschaft im NATO-Bündnis zur Intervention am Hindukusch gezwungen worden sei. Nicht zuletzt wird Riehles Sicht zurückgewiesen, wonach friedensbeabsichtigende Einsätze der Bundeswehr auch künftig noch gebraucht würden. Die Anregung Riehles, wonach sich Deutschland stärker auf eine Neutralität besinnen solle, fand beim DFG-Repräsentanten ebenfalls keinerlei Zustimmung. Insgesamt attestierte man Riehle, dass seine Haltung aus „pazifistisch-antimilitaristischer Sicht“ an einigen Stellen falsch sei und damit „insgesamt ungeeignet“, „jedenfalls konträr zu wesentlichen Grundsätzen der DFG-VK“.
Dennis Riehle entgegnete nun: „Ich bin Kritik gegenüber offen und jederzeit dankbar dafür. Doch im vorliegenden Fall handelt sich nicht um einen konstruktiven Beitrag zum Austausch seitens der DFG-VK, sondern um eine pauschale Infragestellung meiner friedenspolitischen Gesinnung. Es wirkt auf mich überaus irritierend, wenn eine Person oder Organisation für sich eine Wahrheit zu beanspruchen vermag, wie Pazifismus denn nun auszusehen hat. Derartige Absolutismen laufen der Meinungsfreiheit leider zutiefst zuwider. Ich empfinde es als übergriffig und anmaßend, wenn mit einem vernichtenden Fundamentalurteil über meine friedensliebende Weltanschauung befunden wird. Es ist leider ein Phänomen unserer Zeit, dass man mancherorts glaubt, die alleinige Weisheit für sich reklamieren zu können. Solche Entwicklungen enttäuschen und beunruhigen mich schon“, so Riehle, der weiterhin ergänzt: „Für mich ist es bedauerlich und erschreckend zugleich, dass in der Friedensgesellschaft für meine pragmatischen Standpunkte offenbar kein Platz ist. Mir ist es stets wichtig, einen möglichst umfassenden Eindruck von einer Situation zu gewinnen. Deshalb kommt es für mich nicht in Frage, in Pauschalisierungen zu denken. Das Scheitern am Hindukusch kann man unzweifelhaft verleugnen. Dennoch erscheint es mir wenig hilfreich, destruktiv auf den Versäumnissen herumzureiten, statt eine zukunftsgewandte Außen- und Verteidigungspolitik mitzugestalten. Natürlich braucht es Aufarbeitung, ideologische Festsetzungen machen Veränderungen aber obsolet, denn sie sind in ihrer Generalisierung rückwärtsgewandt. Ja, wir brauchen ein neues Verständnis von Konfliktlösung und humanitärer Hilfe. Das werden wir aber kaum dadurch erreichen, indem wir uns mit Extrempositionen ins Abseits aller internationalen Dialoge stellen“, sagt Riehle, der hofft, dass die von einem Einzelmitglied geäußerte Auffassung nicht für den gesamten Verein steht. „Ich würde mich freuen, wenn ich aus der Friedensgesellschaft ein Zeichen bekommen würde, dass auch meine Position wertgeschätzt und dort willkommen ist“. Allerdings hat der Konstanzer auch nach Wochen keine Reaktion erhalten und hat die Friedensgesellschaft mittlerweile verlassen: „Ich bleibe Pazifist, aber vernunftbezogen!“.
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