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Selbsthilfeverband zeigt sich besorgt wegen wachsender Einsamkeit zum Weihnachtsfest
Gesellschaft ©Gerald Kaufmann
  • 16. Dezember 2022

Selbsthilfeverband zeigt sich besorgt wegen wachsender Einsamkeit zum Weihnachtsfest

Von Dennis Riehle | Konstanz

intakt e.V. gibt hilfreiche Tipps und bietet Mail-Beratung für Betroffene von Sozialer Phobie

Der Selbsthilfeverband intakt e.V. warnt trotz der Lockerung der Corona-Regelungen auch in diesem Jahr davor, dass Weihnachten für viele Menschen zu einem einsamen Ereignis werde. Der Verein, der sich für Menschen mit Sozialer Phobie und Schüchternheit einsetzt, befürchtet insbesondere durch die Inflation und die Energiekrise, dass nicht wenige Bundesbürger im Kalten und Dunklen sitzen werden – und das an den eigentlich so lichtreichen Feiertagen, an denen Hoffnung, Freude und Zuversicht vorherrschen sollen. Wie „intakt“-Vorsitzender Julian Kurzidim erklärt, habe sich die Anonymisierung der Gesellschaft über die Pandemie eher noch weiter beschleunigt und persönliche Kontakte seltener gemacht: „Durch die Entfremdung wird sozialen Angststörungen Vorschub geleistet. Letztendlich pflegen wir Freundschaften heutzutage wesentlich über Kommunikationsmedien.

Das fördert das zwischenmenschliche Entwöhnen und macht viele von uns zu Wesen, denen es am Ende gar schwerfällt, in der Realität Kontakte zu knüpfen und zu halten. Welche Konsequenzen das hat, sehen wir jedes Mal, wenn größere Familienereignisse anstehen, wie aktuell nun eben Weihnachten. Nicht nur, dass gerade ältere Menschen dann oftmals alleine sind. Auch die Jüngeren sind häufiger isoliert, weil sie es nicht schaffen, abseits des engsten Verwandtenkreises Bekanntschaften in der Form zu etablieren, wie das beispielsweise noch zu Zeiten vor Handy, Internet oder der Digitalisierung allgemein der Fall war. Da konnte man sich auf seine allerbesten Freunde noch derart treu verlassen, dass man im Zweifel nie einsam war. Nachdem wir mittlerweile aber schon Schwierigkeiten haben, in der Wirklichkeit miteinander in Verbindung zu bleiben und ohne Smartphone oder PC miteinander zu interagieren, ist die Zunahme von Sozialphobien nur logisch!“.

Der Psychosoziale Berater des Vereins ergänzt: „Neben Schwierigkeiten mit dem Selbstbewusstsein und dem eigenen Bild von sich, einem antrainierten Vermeidungsverhalten und schlechten Erfahrungen mit der Gemeinschaft nimmt auch die Mediennutzung und die Tendenz zur 'Ich‘-zentrierten Persönlichkeit einen wesentlichen Stellenwert in der Ursächlichkeit von wachsender Schüchternheit, persönlichem Rückzug und Sozialer Phobie ein“, so Dennis Riehle. Er empfiehlt deshalb, sich im Zweifel professionelle Hilfe zu holen, um sich mit seinen Ängsten und der empfundenen Unfähigkeit zum Kommunizieren und Kontakteknüpfen bewusst zu konfrontieren. Daneben sollte man jedoch auch auf die Suche nach den Ursachen für die Erkrankung und die sie katalysierenden Faktoren gehen“, meint der 37-Jährige, der wie Kurzidim selbst betroffen ist. Riehle erklärt weiter: „Neben traumatischen Erfahrungen wie Mobbing oder Diskriminierung können auch andere Stressauslöser ein Antreiber für eine Soziale Phobie sein.

Und nicht zuletzt sind es zumeist die eigenen Glaubenssätze, die uns unter Druck setzen, weil sie viel zu streng formuliert sind und ihnen die menschliche Milde fehlt. Hiergegen kann ein Coaching helfen, das zwar sicherlich nicht mehr für dieses Weihnachten wirkt, aber perspektivisch sinnvoll wäre. Und für die kommenden Festtage einige Tipps: Schaffen wir uns auch, wenn wir alleine sind, ein Programm für diese stillen Momente, belohnen wir uns mit Geschenken an uns selbst, verlassen wir die eigenen vier Wände zu Spaziergängen, Gottesdiensten und anderer Ablenkung regelmäßig, gönnen wir uns etwas Besonderes oder nutzen wir die Zeit, um alte Hobbys neu aufzulegen“, rät der Berater ergänzt abschließend: „Für das neue Jahr kann dann ein Vorsatz sein, öfter aus der virtuellen Welt in die tatsächliche zurückzukehren und mit Unterstützung ein Konzept zu erarbeiten, soziale Kommunikation neu zu erlernen und Angstgefühle mit einer Veränderung der eigenen Körperwahrnehmung und einer Belastungsreduktion abzubauen. Hierbei können Selbsthilfe und Beratung unterstützen“.

Eine Übersicht über Selbsthilfegruppen und das kostenlose Beratungsangebot des intakt e.V. finden sich auf dessen Webseite unter: www.schuechterne.org. Dort gibt es auch viele hilfreiche Tipps und Anregungen zum Umgang mit Schüchternheit und Sozialphobie.




Ressort: Konstanz

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