- 04. August 2016
Berühmte Geige datiert
Mit Hilfe der dendrochronologischen Analyse wurde die Antonio Stradivari Violine aus Cremona "Lady Inchiquin" des Stargeigers Frank Peter Zimmermann genauestens untersucht und datiert.
Das Land NRW kaufte im Juli 2016 die berühmte Geige 'Lady Inchiquin' von der Portigon AG. Diese 1711 von Antonio Stradivari in Cremona gebaute Geige war 12 Jahre lang die feste Begleiterin des Solisten Frank Peter Zimmermann. Sie wird nach langem Hin und Her künftig wieder dem Stargeiger zur Verfügung gestellt. Ihren Namen bekam sie von einer ehemaligen Besitzerin, Lady Inchiquin, einer Irischen Aristokratin.
Die 'Lady Inchiquin' Stradivari ist eine Geige aus der sogenannten 'goldenen' Schaffensperiode des berühmten Geigenbauers. Sie ist eine der 300 Stradivari Instrumente, die in der monumentalen Monographie 'Antonius Stradivarius' von Jost Thöne aufgenommen ist. Der Publizist und Experte für hochwertige Streichinstrumente hat mit seinem Team sich zur Aufgabe gemacht, das Gesamtwerk des berühmten Cremonesers zu untersuchen und zu dokumentieren. Das inzwischen achtbändige Werk enthält neben hochauflösenden 1:1 Abbildungen, die erstmalig eine dendrochronologische Untersuchung durch den Dendrochronologen Arjan Versteeg möglich machten, auch die akribisch erforschte Historie und Provenienz. Zeitgenössische Geigenbauer schätzen insbesondere die angegebenen Maße jedes einzelnen Instrumentes.
Die Dendrochronologie ist eine Methode zur genauen Datierung von Holz. Sie basiert auf der Analyse der Jahresringstrukturen. Die unterschiedlichen Abstände der Jahresringe machen die Biographie des Baumes sichtbar, dabei korrelieren sie mit den Schwankungen des vorherrschenden Klimas und den spezifischen Umweltverhältnissen. Der vom Klima bestimmte Teil der Biographie findet sich auch wieder in Biographien anderen Bäume der selben Region. Durch Vergleiche der Jahresringstrukturen kann auf wissenschaftlicher Basis das Wachstumsdatum festgestellt werden.
Die Decke der Lady Inchiquin ist, wie bei den meisten Streichinstrumenten, aus Fichtenholz. Sie besteht aus zwei Holzteilen, die miteinander verleimt wurden. Die Leimfuge mit den jüngsten Jahresringen befindet sich dabei genau in der Mitte.
Versteeg konnte mit seiner Methode jeweils die jüngsten Jahresringe der beiden Hälften datieren. Der letzte Jahresring in der Bassseite ist auf 1691 datiert, der letzte Jahresring der Diskantseite auf 1699. Diese Ergbenisse sind positiv zu werten, da sie vor dem Sterbedatum Stradivaris im Jahr 1737 liegen und vor der Datierung des Instrumentes. Berücksichtigt man die Trockenzeit und den Verlust von Material bei der Bearbeitung, unterstützen die Resultate der dendrochronologischen Analyse das Herstellungsdatum 1711.
Wie man in der grafischen Darstellung der Jahresringstrukturen sehen kann, weisen beide Deckenhälften sehr unterschiedliche Wachstumstrends auf. Daraus kann man schliessen, dass Stradivari für die Herstellung der Decke der 'Lady Inchiquin' Holz zweier unterschiedlicher Bäume verwendet hat.
Arjan Versteeg konnte zudem feststellen, dass die Bassseite der Decke der 'Lady Inchiquin' aus demselben Baum stammt, wie die Deckenhälften anderer berühmter Geigen Stradivaris: u.a. die 1706 'Corbett', die 1708 'Dancla' und die 1709 'Greffuhle'.
Die Diskantseite hat solch berühmte Blutsbrüder wie die 1708 'Havemeyer'-'Lyall', die 1708 'Marchese Guasco' und die 1709 'Ludwig Mond’-'Tua'.
Nach welchen Kriterien Antonio Stradivari diese Holzauswahl vornahm, kann noch nicht belegt werden. Aber sie führte dazu, dass wir heute, über dreihundert Jahre später, stets aufs Neue beeindruckt sind. Sowohl als Zuhörer von der großen Faszination ihres Klangs als auch bei der Betrachtung ihrer vollkommenen Erscheinung. Bald wird die 'Lady Inchiquin' wieder in den Händen von Frank Peter Zimmermann zum Erklingen gebracht. Zu bestaunen ist sie in vollem Glanz in der Monographie 'Antonius Stradivarius' von Jost Thöne.
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