- 29. September 2014
Massive Kritik an Entscheidung belgischer Richter:
„Gericht opfert Menschenleben für staatliches Totalversagen“
Konstanz. Die Humanistische Alternative Bodensee (HABO) hat mit heftiger Kritik auf eine Entscheidung belgischer Richter reagiert, die es einem zu lebenslanger Haft und Sicherungsverwahrung verurteilten Straftäter erlaubt hat, aufgrund der menschenunwürdigen Bedingungen in der Vollzugsanstalt Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Der Sprecher der HABO, Dennis Riehle, formuliert entsprechend: „Das ist nichts Anderes als die Todesstrafe durch die Hintertür!“.
Nach Riehles Auffassung platzte die Entscheidung trotz ihrer Grausamkeit zu einem richtigen Zeitpunkt in eine gerade ohnehin hitzige Diskussion über das Thema Sterbehilfe in Deutschland: „Nicht nur, dass die belgischen Richter aus meiner Perspektive europäische Werte und Grundsätze mit Füßen getreten haben; sie haben auch verdeutlicht, wohin Sterbehilfe führen kann, wenn das Legalisieren aus allen Fugen geraten ist“.
Mit dem Urteil sei nach Ansicht Riehles die Sterbehilfe, welcher auch die HABO in gewissen Grenzen zustimme, ad absurdum geführt worden: „Genau vor solchen Szenarien warnen die Kritiker einer zu großzügigen Freigabe der Sterbehilfe zurecht. Wenn Juristen staatliches Totalversagen ungesühnt lassen und stattdessen die Opfer dadurch bestrafen, dass sie den Ausweg des unterstützten Selbstmordes gar noch rechtlich abnicken, kann sich schon bald der Depressive, der keine Therapie erhält, ebenso wie der in Armut Lebende, der Opfer von Sozialleistungskürzungen geworden ist, schon bald den offiziell anerkannten Freibrief zum begleiteten Suizid abholen“.
Riehle unterstreicht, das für ihn Sterbehilfe keine pauschale Lösung für Perspektivlosigkeit sein kann: „Wenn wir dem Menschen die Würde und die Freiheit geben möchten, dass er selbst über das Ende seines Lebens bestimmen kann, muss dies auf Ausnahmen beschränkt bleiben. Ich kann mir Situationen vorstellen, in denen auch ich mich für Sterbehilfe entscheiden würde – das ist für mich aber nur eine Option, wenn keinerlei Möglichkeit auf eine adäquate Hilfestellung mehr angeboten werden kann. Zwar muss es hierbei sicherlich einen subjektiven Ermessensspielraum geben, denn jeder Mensch erlebt ein auswegloses Geschehen – wie das vielfach angeführte der Alzheimer-Erkrankung – anders und geht verschieden damit um. Nicht nur Palliativmedizin, sondern insbesondere mehr Mitmenschlichkeit und Zuwendung können aber dazu beitragen, dass die Zahl in Frage kommender Fälle gegen Null tendiert“.
Für Riehle ist sein humanistisches Weltbild eines, das Leben bejaht. „Deshalb können aktive und passive Sterbehilfe – die zu leisten einem bestimmten Personenkreis vorbehalten sein muss, ohne daraus Profit oder organisierte Machenschaften zu entwickeln – niemals zur Selbstverständlichkeit werden. Hier muss man den Menschen auch vor gewissen Ausuferungen seines freien Willens schützen“, betont der HABO-Sprecher. „Wie das Gericht in Belgien die Haftbedingungen hätte verurteilen und eine Abhilfe schaffen müssen, so braucht es alle Unterstützung dafür, dass Menschen jedwede Hilfe zugesichert wird, um ihr Leben erhalten zu können. Gleichzeitig muss es wie im Falle dieser belgischen Entgleisung nicht nur das Menschenrecht auf Zugang zu Psychotherapie und Resozialisierung im Gefängnis, sondern ein selbiges geben, frühstmöglich seinen letzten Willen verbindlich artikulieren zu dürfen“, resümiert Riehle.
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