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"Vom Großen im Kleinen" Weniger Schuhmacher, weniger Umweltschutz & Nachhaltigkeit & mehr Müll
  • 13. Februar 2019

"Vom Großen im Kleinen" Weniger Schuhmacher, weniger Umweltschutz & Nachhaltigkeit & mehr Müll

Von Super User

Mein Endinger Lieblingsschuhmacher schließt seinen Reparaturbetrieb. Das klingt erst mal nicht nach einem Thema für eine BUND-Presseerklärung, doch diese Schließung hat viel mit Nachhaltigkeit, lang- und kurzlebigen Produkten und Bürokratie zu tun.

In einem Gespräch vor wenigen Tagen nannte er auch die „wachsende staatliche Bürokratie und eine unerträgliche Regelungswut der Krankenkassen (bei Einlagen und orthopädischen Schuhen)“ als Gründe für die Geschäftsaufgabe.Während „oben“ bei den großen Konzernen zunehmend dereguliert wird und fast keine Steuern gezahlt werden, schnürt „unten“ eine Überregulierung nicht nur dem Handwerk die Luft ab.

Die Schließung des Endinger Fachgeschäfts zeigt einen aus BUND-Sicht negativen Trend für die Umwelt. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Schuhmacher in Deutschland nahm von 7949 im Jahr 1999 auf 6805 im Jahr 2011 ab. In ganz Deutschland lassen sich immer weniger junge Menschen zum Schuhmacher ausbilden. Dieses Handwerk stirbt aus. Eines der größten Probleme unserer Zeit ist die Ex- und hopp Mentalität in Zeiten schwindender Energie- und Rohstoff-Ressourcen. Um langfristig nachhaltig und zukunftsfähig zu werden brauchen wir gute Produkte mit langer Lebensdauer, wenn immer möglich aus natürlichen Materialien. Produkte, die man reparieren kann und in denen viel menschliche Arbeit steckt. Ein Beispiel für solche Produkte waren eben Schuhe.

Gute Schuhe, langlebige Schuhe, die vielleicht auch ein wenig teurer waren, wo die höheren Anschaffungskosten aber durch die längere "Laufzeit" wieder hereingeholt wurde. Was heute nach elitärem Konsumverhalten klingt, wussten bis vor wenigen Jahrzehnten auch noch die ArbeitnehmerInnen. Schuhe wurden zum Schuhmacher gebracht und (nicht nur) die Absätze repariert. Das produziert weniger Müll, mindert den Rohstoffverbrauch und schafft Arbeitsplätze im eigenen Land. "24,3 Milliarden Paar Schuhe sind allein im Jahr 2014 weltweit, meist in Asien, hergestellt worden – ein Plus von acht Prozent gegenüber dem Jahr davor." schreibt der Standard. Angesichts von rund 350 Millionen Paar Schuhen, die jährlich in Deutschland verkauft werden, sollte man den Umweltgedanken keineswegs außer Acht lassen. Wir müssen auch die Frage stellen ob es gerecht ist und langfristig gut gehen kann, wenn wir alle gerne Produkte konsumieren, die von fernen Arbeitssklaven für 50 Cent in der Stunde produziert werden und gleichzeitig selber 30 Euro in der Stunde verdienen wollen. Da brauchen wir uns auch nicht zu wundern, wenn sich der schlecht bezahlte afrikanische Arbeitnehmer irgendwann aufmacht, um nach Europa zu kommen.

Billige Schuhe mit gezielt eingebauter kurzer Lebensdauer (geplante Obsoleszenz), die nicht mehr als eine Reparatur eines alten Paares kosten, Schuhe die so konstruiert wurden, dass Reparaturen unmöglich sind, machen den Schustern das Leben schwer und sind letztendlich wegen der kurzen Haltbarkeit auch teurer. Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Schuhmacherhandwerk – also scheinbar völlig verschiedene Dinge - haben durchaus etwas miteinander zu tun. Die Umweltbewegung ist zurecht stolz auf die Idealisten, die in Repair-Cafes gebrachte Dinge einmal wöchentlich ehrenamtlich reparieren. Und doch kann ein Repair-Cafe einen Schuhmacher, der von morgens bis abends arbeitet, auch nicht ansatzweise ersetzen.

Theoretisch reden alle von Umwelt und Nachhaltigkeit. Doch der Niedergang des Reparaturhandwerks, nicht nur bei den Schuhen, zeigt die Realität. Wir leben in einem begrenzten System, das nur funktioniert, wenn es unbegrenzt wächst, wenn immer mehr, immer dümmere und immer kurzlebigere Produkte ver- und gekauft werden. Schuhmacher stören da nur, obwohl wir sie und die hinter dem Handwerk stehende Idee so dringend brauchen.


Ressort: Wirtschaft

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