- 27. Mai 2021
Zum gescheiterten Rahmenabkommen EU-Schweiz
- Thomas Conrady: „Auch wenn sich jetzt nichts ändert setzt die Wirtschaft auf ein zukünftiges Abkommen“
Stuttgart – Thomas Conrady, Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee, die im Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) die Sprecherfunktion für die wirtschaftlichen Beziehungen mit der Schweiz innehat, betont zur aktuellen Situation: „Durch den Abbruch der Verhandlungen ändert sich für unsere Mitgliedsbetriebe, für die die Schweiz ein wichtiger Markt ist, zum Glück erst einmal nichts. Schließlich wurde schon seit 2018 am angestrebten institutionellen Abkommen ‚InstA‘ verhandelt. Das Verhandlungsbestreben bezieht sich dabei ausschließlich auf die fünf bestehenden bilateralen Marktzugangsabkommen – Personenfreizügigkeit, Landverkehr, Luftverkehr, technische Handelshemmnisse/MRA und Landwirtschaft – sowie auf zukünftige Marktzugangsabkommen, beispielsweise im Bereich Strom. Das Scheitern ist zwar enttäuschend, aber die aktiven bilateralen Verträge I und II bestehen ja grundsätzlich weiter, solange sie nicht gekündigt werden.“
Conrady ergänzt: „Allerdings gehen wir durch das InstA-Scheitern von Folgen aus, die eher schleichend und langfristig ihre negative Wirkung entfalten. Wir erwarten hier eine ähnliche Entwicklung wie beim BREXIT, indem die einzelnen Normen – für Medizinprodukte, Maschinen, Bauprodukte – langsam auseinanderdriften. Das wird sich mit der Schweiz dann aktuell zuerst im Zusammenhang mit Medizinprodukten in unterschiedlichen Zulassungskriterien zeigen. Damit dürfte es für europäische KMU zu aufwändig werden, für einen vergleichsweise kleinen Markt, extra eine Schweizer Zulassung mit entsprechend hohen Kosten zu erwirken. Beispielsweise träfe dies einen Hersteller für orthopädische Einlegesohlen aus Baden-Württemberg, der zukünftig auch in der Schweiz eine Registrierung benötigen würde. Fortsetzen dürfte sich dies unserer Einschätzung nach in Zukunft auch in anderen Bereichen wie dem Maschinenbau. Deshalb plädieren wir weiter für ein Rahmenabkommen und den Einsatz der politisch Verantwortlichen, doch noch zu einem Abkommen zu gelangen. Die Schweiz wird auch weiter zu den Top-Handelspartnern Baden-Württembergs zählen, weshalb sich dieser Einsatz langfristig auszahlen wird – egal, wie lange es dauert.“
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) ist eine Vereinigung der zwölf baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern (IHK). In Baden-Württemberg vertreten die zwölf IHKs die Interessen von mehr als 650.000 Mitgliedsunternehmen. Zweck des BWIHK ist es, in allen die baden-württembergische Wirtschaft und die Mitgliedskammern insgesamt betreffenden Belangen gemeinsame Auffassungen zu erzielen und diese gegenüber der Landes-, Bundes- und Europapolitik sowie dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und anderen Institutionen zu vertreten.
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