- 15. April 2021
eCosmic Strings by Tomas Eller an der City Lounge der Neuen Msse, Messeplatz
Passanten, die bis zum 12. September den Messeplatz queren, werden dort eine Überraschung erleben - schauen Sie kurz aus dem Tram oder beim Vorbeigehen auf das riesige LED-Band und die drei eBoards der Neuen Messe, Halle Nord und Halle Süd. Sie werden täglich von Satzfragmenten, Lichteffekten und Filmsequenzen umhüllt sein. Ephemeres, welches sich in der Architektur der Neuen Messe von Herzog & de Meuron verfängt, diese einfärbt und einen temporären Gefühlsraum konstituiert. Alles auf einmal zu sehen ist in dieser Rotunde, die wie ein „Auge zum Himmel“ erscheint, gar nicht möglich. Nicht Menschenmöglich.
Was heisst, alles erfassen? Sie Durchqueren ein Raumgedicht, dessen endgültige Komposition Sie selbst zusammensetzen und dessen Blickintensität und Wahrnehmungszeit Sie selbst bestimmen: Sekundenblicke, Innehalten, Leseversuche, erneut beim Pendeln oder Verweilen. Puzzleteile aus eingefangenen Wörtern, Ihren blitzartigen Empfindungen, geprägten Vorstellungen, der Spontanität des Alltags des Messeplatzes. Die Wörter und Bilder haben uns Dichter und Künstler geliefert. Das, was es sein wird, obliegt Ihnen. Die Videos haben eine Sound Spur, werden hier jedoch ohne Ton und dafür im Dialog mit literatischen Texten gezeigt, so dass die Basler Stadtgeräusche ausnahmsweise den Sound bilden
2018 wurde zum ersten Mal einem Kunstschaffenden, Tomas Eller, die einzigartige Möglichkeit geboten, für diesen aussergewöhnlichen Standort, die City Lounge, Halle Nord und Halle Süd der Neuen Messe am Messeplatz in Basel, gebaut von Herzog & de Meuron, ein temporäres Kunstwerk zu schaffen. Um in der Krise den öffentlichen Raum zu beleben, zeigen wir noch einmal und für einen längeren Zeitraum diese atemberaubende riesige Medieninstallation. Architektur, Kunst und Stadtraum gehen eine temporäre, packende, die Passanten integrierende Verbindung ein.
Mit seinem künstlerischen Eingriff unterstreicht Tomas Eller das Konzept der Architekten. Das Erdgeschoss steht in direkter Beziehung zur Straße und zum öffentlichen Raum. Der geschwungene Fassadenverlauf reagiert auf den Personenfluss und den entsprechenden Platzbedarf vor der Tramhaltestelle und vor den Eingängen zu den Messehallen. Das in der Fassade integrierte elektronische Informationssystem zu Messeveranstaltungen, das auch sonst die Dynamik der Architektur unterstreicht, wird erst durch die Bespielung des Künstlers zu einem rauschhaften, eindrücklichen Raumerlebnis.
Tomas Eller hat dafür die Kooperation mit der bekannten Berliner Schriftstellerin Julia Franck, dem Wiener Schriftsteller und Journalisten Wolfgang Popp und der Basler Autorin Andrea Domesle gesucht sowie einen eigenen Text beigesteuert. Die Literaten lieferten Textvorlagen, welche Tomas Eller bearbeiten und für das LED-Laufband animieren konnte. Der Künstler komponiert dazu eine Auswahl aus seinen Filmen. Text und Bild bilden einen Dialog zwischen Kunstschaffenden, welcher sich als Atmosphäre in der Rotunde der Messearchitektur niederschlägt. Die Verschiedenheit der Textfragmente, die unterschiedlichen Sprachen und Bilder sprechen ein vielfältiges Publikum an, das mit der Tram vorbeifährt oder über den Messeplatz läuft und das sich anhand der Bruchstücke - nie ist in dieser 360 Grad-Rotunde alles auf einmal zu sehen - seine eigene eigene Erzählung im Kopf formen kann.
“Cosmic Strings” ist perfekt adaptiert für diesen Standort. Kalkuliert wird mit der spezifischen Wahrnehmung von Passanten, welche zwischen einigen Sekunden bis zum längeren Verweilen, einmaligen oder sich täglich summierenden Blicken reichen kann. Mit bruchstückhaften Wahrnehmungsmomenten kann man sich seinen eigenen Film im Kopf zusammensetzen. Die Kuratorin Andrea Domesle schreibt: «“Cosmic Strings” erzeugt eine Atmosphäre des Fliessens zwischen Traum und Realität, zwischen Fläche und Raum, zwischen Körper und Architektur, zwischen Ereignis und Ewigkeit sowie Diesseits und Jenseits. Eine somnambule Verunsicherung.»
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