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Areligiosität ist Ausdruck des menschlichen Mängelwesens!
Altar ©Gerald Kaufmann
  • 24. September 2021

Areligiosität ist Ausdruck des menschlichen Mängelwesens!

Von Dennis Riehle | Konstanz

Die Menschen scheinen immer seltener gläubig zu sein. Das könnte man zumindest aus der aktuellen Umfrage ablesen, die die Deutschen nach ihrer Beziehung zur Religion fragt. Demnach ist sie für eine übergroße Mehrheit der Bevölkerung kaum von Bedeutung. Doch stimmt dieser oberflächliche Blick tatsächlich? Bedauerlicherweise scheint das Interesse, orientiert man sich am urtypischen Verständnis von einer Religion, tatsächlich rückläufig zu sein. Viele Menschen setzen allerdings auch Religion mit Kirche gleich – und gerade die katholischen Bischöfe haben dieser Tage wiederum viele Gründe dafür geliefert, weshalb man sich von ihr abwenden kann.

Gleichsam ist der Gottesglaube oftmals zwingend mit seiner christlichen Definition assoziiert, die zweifelsohne für viele Menschen immer schwieriger zu begreifen ist – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die oftmals einseitige Vermittlung eines allmächtigen Gottesbildes von den Kanzeln nur die halbe Wahrheit widerspiegelt und zwangsläufig Enttäuschungen hervorrufen muss, wenn wir die Ungerechtigkeit in der Welt ansehen. Gleichsam betrübt mich aber auch eine Entwicklung, die in unserer aufgeklärten, sozialisierten Gesellschaft zunehmend um sich greift: Legt man die Begrifflichkeit der „Religion“ weit aus, so erleben wir in der Moderne einen überschießenden Pluralismus an Weltanschauungen, die religiösen Charakter besitzen können: Was anfangs noch der Fußball war, sind später esoterische Werte gewesen, heute ist es der Klimaschutz.

Wir erheben Ideologien, Visionen und Phantasien zu einem Gegenstand der Anbetung und Nachfolge – und das nicht zuletzt deshalb, weil auch der Mensch immer häufiger dazu neigt, sich gottgleich zu geben. Religion im eigentlichen Sinne ist wohl tatsächlich für immer weniger Menschen in der westlichen Welt von Belang, weil sie Greifbares dem Transzendenten vorziehen. Wir verdrängen damit unseren begrenzten Verstand und unsere Endlichkeit, schon anthropologisch gesehen ist es dem in seiner limitierten Vernunft geschaffenen Menschen kaum möglich, tatsächlich zu „glauben“. Das Aushalten von Zweifeln, Skepsis und Unerklärlichkeit gehört nicht zu seinen Fähigkeiten, er bedarf Sicherheit und Wahrheit – die Religion aber bewusst und Gott sei Dank solange nicht geben kann, wie ihr ein Absolutheitsanspruch oder eine Radikalisierung durch den Menschen fehlt.

Religion setzt einen Glauben voraus, in dem Vertrauen, Hoffnung und Zuversicht eine Rolle spielen, nicht aber Gewissheit, Tatsächlichkeit oder Immanenz. Wäre es anders, würde sie ad absurdum geführt. Insofern muss man wohl attestieren: Schlussendlich nimmt die Religionszugehörigkeit bei uns ab, weil vielen Menschen die – richtigerweise nicht zu erbringenden – Beweise für ein theistisches Wirken eines Gottes fehlen. Letztendlich ist dies aber nur Ausdruck von transhumanistischen Tendenzen in unseren Breiten, die den Glauben an das Jenseitige durch eine Bevorzugung des Diesseitigen ersetzen. Wir sollten also nicht gegen die Areligiosität ankämpfen, sondern auf einen gesellschaftlichen Wandel hinarbeiten, der den Individualismus bändigt, die Selbstherrlichkeit unserer Spezies dämmt, Demut und Hingabe lehrt – und nicht zuletzt Entschleunigung übt, um das immer schneller werdende Eifern nach einer trügerischen und unerreichbaren Vollkommenheit des Menschen zu stoppen.


Ressort: Glaube und Gesellschaft

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