- 18. Oktober 2024
Effizienz spendensammelnder Organisationen wird dramatisch unterschätzt
Die Spendenden glauben, dass nur 60% einer Spende in das dafür vorgesehene Projekt fließen. Für angemessen halten sie 75%. Ein Wert, den in der Realität die meisten großen spendensammelnden Organisationen noch deutlich übertreffen, weil sie viel effizienter und effektiver arbeiten, als die meisten glauben.
Die Zahlen des Deutschen Spendenmonitors belegen eindrucksvoll, dass der Ruf deutlich schlechter ist als die Performance der Zivilgesellschaft. Die gutgemeinten Warnungen vieler Medien vor unseriösen Organisationen und zu hohen Verwaltungskosten scheinen bei den Verbraucher*innen über das Ziel hinausgeschossen zu sein.
Larissa Probst, Geschäftsführerin des Deutschen Fundraising Verbandes, erklärt das so: „Solche Warnungen verunsichern so sehr, dass die gesamte Zivilgesellschaft unter Generalverdacht steht. Das darf nicht sein. Wir wünschen uns deswegen noch mehr verantwortliche Berichterstattung, gerade in der spendenreichen Vorweihnachtzeit.“ Interessant ist, dass die Nicht-Spendenden die höchsten Anforderungen an Spendenorganisationen haben - und ihnen am wenigsten zutrauen. Sie glauben, dass nur 46% einer Spende im Projekt ankommen, halten aber 78% für geboten. Das zeige, so Probst „dass positive Aufklärung über die Leistung der spendensammelnden Vereine wichtiger sein könnte als verunsichernde Warnungen. Das eine bringt mehr Mittel für gemeinnützige Projekte, das andere weniger." Aber auch der Staat könne helfen die Verwaltungskosten zu senken – durch die Umsetzung der lange versprochenen Entbürokratisierung. Eine Forderung des Bündnisses für Gemeinnützigkeit, in dem Probst als Beirätin fungiert.
Prof. Tom Neukirchen, Fundraising-Experte und Beirat des Deutschen Fundraising Verbandes, geht in seiner Argumentation noch ein Schritt weiter: „Es gibt keine Kosten ohne Leistungen. Und Verwaltungsleistungen wie ein Dankesbrief, eine Spendenbescheinigung, Jahres- und Wirkungsberichte und ein Spenderservice, der Fragen beantwortet, wünschen sich alle – auch jene, die deren Kosten ablehnen. Das ist, als ob man im Krankenhaus nur den Arzt zahlen wollte, aber nicht die Pflege, die Räume oder die Geräte – die sind ja eh da!“
Neukirchen bricht aber nicht nur eine Lanze für die zu Unrecht verteufelten Verwaltungs-kosten, sondern auch für die Werbekosten: „Heutzutage braucht alles Werbe-Impulse, leider auch Spenden.“ Die allermeisten Menschen spenden nicht von alleine, auch wenn sie das Gegenteil behaupten. Das zeige immer wieder die Werbepraxis der Mitglieder des Deutschen Fundraising Verbandes. Ohne Spendenwerbung würde die Leistungsfähigkeit der Zivilgesellschaft zusammenbrechen, so Neukirchen: „Auf ziemlich sicher weniger als 25% des heutigen Stands“.
Wir denken: Die Debatte über Verwaltungsleistungen ist grundsätzlich fehlgeleitet und schwächt die Zivilgesellschaft, denn es geht hier nicht um „Verwaltung“ im herkömmlichen Sinne, sondern um notwendige Investitionen in Zukunftsfähigkeit und Leistungsfähigkeit – etwa in qualifiziertes Personal, Transparenzmaßnahmen und langfristige Wirkung. Dies wurde auch von Peter Schubert und Silke Boenigk im sogenannten Starvation Cycle umfassend analysiert, der zeigt, dass eine übermäßige Fokussierung auf niedrige Verwaltungskosten langfristig die Effektivität der Organisationen gefährdet.
Die Ergebnisse des Deutschen Spendenmonitors, der jährlich durch Bonsai Research im Auftrag des Deutschen Fundraising Verbandes das Spendenverhalten durch eine Umfrage mit 5.000 Internetnutzer*nnen zwischen 16 und 70 Jahren in Deutschland analysiert, werden zum Ende des Jahres 2024 zum 30sten Mal veröffentlicht und stehen der Öffentlichkeit in Teilen, den Bezieher*innen in Gänze zur Verfügung. Die sozio-demographische Gewichtung gewährleistet eine strukturelle Vergleichbarkeit mit der deutschsprachigen Bevölkerung.
Comments powered by CComment