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Die Barrierefreiheit darf sich nicht allein in baulichen Veränderungen erschöpfen
Rollstuhl ©Gerald Kaufmann
  • 20. Oktober 2023

Die Barrierefreiheit darf sich nicht allein in baulichen Veränderungen erschöpfen

Von Dennis Riehle | Konstanz

Beratungsstelle: Teilhabe und Inklusion muss alle Bereiche des Lebens erreichen!

Barrierefreiheit ist heute in aller Munde, doch wird sie meist nur mit baulichen Veränderungen wie Rampen, Aufzügen und Ebenerdigkeit in Verbindung gebracht. Dabei müssen Hürden auch andernorts abgebaut werden, meint der Leiter der Anlaufstelle „Beratung mit Handicap“, Dennis Riehle (Konstanz): „Es ist richtig, dass wir an Bushaltestellen heute ganz selbstverständlich ‚Kasseler Borde‘ einbauen, öffentliche Gebäude ohne Treppen zugänglich machen und Duschen in Neubauten ungefragt ebenerdig anlegen. Dennoch erschöpft sich in diesen Maßnahmen nicht der Auftrag zur Inklusion“, sagt der 38-jährige Sozialberater vom Bodensee in seiner aktuellen Stellungnahme. Er ist selbst chronisch krank und schwerbehindert und macht darauf aufmerksam, dass auch in den Köpfen der Menschen das Umdenken fortgeführt werden muss: „Barrierefrei zu bauen wird zunehmend natürlich, aber wir dürfen uns damit noch lange nicht zufrieden geben. Denn Teilhabe muss auch an anderen Stellen gelingen, beispielsweise im Gesundheitswesen, der Bildung, auf der Arbeit, im Internet oder im Bereich der politischen Partizipation. Wesentlicher Schlüssel hierfür ist auch die Sprache“, so Riehle.

„Wenn wir Menschen mit Behinderung in ihrer Selbstbestimmung stärken wollen, müssen wir erreichen, dass sie eigenverantwortlich Leistungen beantragen können, Informationen verstehen und das prinzipielle Recht auf gesellschaftliche Mitwirkung außerhalb des geschützten Bereichs haben. Exklusion beginnt dort, wo wir unbewusst bevormunden. Es geht nicht darum, den Alltag für Menschen mit Behinderung anzupassen, sondern Erleichterungen zu schaffen, die jedem von uns helfen können, autonomer zu agieren und handeln“, erläutert der Coach – und fügt an: „Nicht nur einer Person mit Handicap fällt es schwer, Bescheide vom Amt zu verstehen oder politische Phrasen inhaltlich einordnen zu können. Auch das Fachchinesisch beim Arztbesuch ist für jeden Nicht-Mediziner eine Herausforderung. Allen wäre Genüge getan, wenn Formulare in größerer Schrift und kürzer formuliert wären. Wenn Fort- und Weiterbildung auch digital verfügbar und Texte im Internet in gutem Kontrast abgebildet sind. Und man im Job nicht um verstellbare Schreibtische betteln muss. Insofern heißt Barrierefreiheit, für uns alle den Alltag einfacher zu machen und dies nicht mit ‚Behinderten‘ zu begründen“, sagt Riehle.


Ressort: Konstanz

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