- 23. September 2019
Phosphatversorgung im Ökolandbau langfristig sicherstellen
Berlin. Gute Aussichten für den Ökolandbau und für Kläranlagenbetreiber: Das Düngen mit Struvit, einem aus Abwasser zurückgewonnenen phosphathaltigen Mineral, stößt im Ökosektor auf Akzeptanz. „Wenn jetzt die Gesetzgebung nachzieht, könnte auf ökologisch bewirtschafteten Flächen dem Phosphatmangel besser begegnet werden“, sagt Dr. Maximilian Hempel, Abteilungsleiter Umweltforschung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Phosphat könne im ökologischen Anbau derzeit über Mist und Komposte oder über Rohphosphat zugeführt werden. Die Europäische Union lasse aktuell nichts anderes zu. Rohphosphat sei jedoch mit Schadstoffen angereichert, werde außerhalb Europas abgebaut und habe eine begrenzte Düngewirkung. Hempel: „Den hohen Ansprüchen einer nachhaltigen Landwirtschaft entspricht das nicht.“ Inwieweit aus dem Abwasser oder der Klärschlammasche gewonnene Phosphate aus Sicht der Ökolandwirte geeignet sind, war innerhalb eines von der DBU geförderten Projektes ermittelt worden.
Bisher ist Dünger aus Klärschlamm für Ökolandbau nicht zugelassen
„Phosphor ist ein lebensnotwendiges Element, das von Lebewesen nicht selbst hergestellt werden kann. Im Boden kann es nur in gebundener Form, als Phosphat, von Pflanzen aufgenommen werden“, so Ann-Kathrin Bessai von der Bioland Beratung GmbH (Mainz). Werden die Pflanzen geerntet und zu Nahrungsmitteln verwertet, gelange der Phosphor über den menschlichen Stoffwechsel ins Abwasser und von dort in die Kläranlagen. Um den wertvollen Rohstoff nachhaltig zu nutzen, müsste Phosphat-Dünger aus dem Abwasser zurückgewonnen werden. Doch genau das sei rechtlich für den Ökolandbau nicht zugelassen, obwohl er zum Ziel hat, die Nährstoffkreisläufe regional zu schließen.
Ökolandbau könnte wichtiger Abnehmer von Struvit werden
Dabei böten Phosphat-Dünger aus dem Abwasser sowohl für den Ökolandbau als auch für Kommunen interessante Perspektiven: Für die Kläranlagenbetreiber könne der Ökolandbau zu einem wichtigen Abnehmer von Struvit werden, das eigentlich ein Nebenprodukt der Abwasserklärung ist. Denn durch die Phosphatausschleusung werden mineralische Ablagerungen zum Beispiel in Rohrleitungen vermindert, so Bessai. Durch die Projektstudie, an der auch das Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte (Berlin) beteiligt war, wurde deutlich: Für den Ökolandbau ist Struvit im Vergleich zu verschiedenen möglichen Phosphat-Produkten aus Abwasser oder Klärschlammasche die bestmögliche recycelte Düngealternative zu Rohphosphat. „Struvit ist sehr wirksam, energie- und schadstoffarm, qualitativ hochwertig und bezahlbar und kann den Phosphat-Bedarf nachhaltig und regional abdecken“, sagt Fabian Kraus vom Kompetenzzentrum Wasser (Berlin) und Projektleiter der Studie. Die Herstellung sei im Gegensatz zum Abbau und der Verarbeitung von Phosphatgestein transparent und finde in Europa statt. Kraus: „In einigen Kläranlagen wird seit etwa zehn Jahren Phosphat in Form von Struvit aus dem Abwasserschlamm zurückgewonnen.“ Rohphosphat hingegen enthält Schadstoffe wie Cadmium und Uran, so Kraus. Außerdem sei das Herstellen von Rohphosphat, also der Abbau des Gesteins und dessen Verarbeitung sowie der Vertrieb und der damit verbundene Ausstoß von Umweltschadstoffen, für den Landwirt und den Endverbraucher nicht transparent.
Steigender Phosphat-Bedarf bei 20 Prozent Ökolandbau
Wenn der Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen auf 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche steige, wie von der Bundesregierung angestrebt, würde sich der Phosphat-Bedarf von heute 7.400 Tonnen auf etwa 16.600 pro Jahr erhöhen, so Hempel. In der Projektstudie wurde zunächst ermittelt, welche Alternative im Ökolandbau Akzeptanz finde. Nur, wenn die Akteure überzeugt und Willens seien, diese auch tatsächlich einzusetzen, mache eine Zulassung Sinn. Ausschlaggebend werde jetzt aber sein, dass die rechtlichen Barrieren ausgeräumt werden und die EU-Verordnung Struvit als Düngemittel für den Ökolandbau zulässt.
Comments powered by CComment