- 03. Oktober 2014
Vieles wird noch auf den Prüfstand müssen
Neuer Erzbischof Stephan Burger: "Kein Weiter wie bisher"
Freiburg (pef). Die Kirche im Erzbistum Freiburg steht - mit ihren mehr als 1000 Pfarrgemeinden - nach Überzeugung von Erzbischof Stephan Burger vor grundlegenden Veränderungen. "Unsere Grenzerfahrungen werden immer deutlicher. Unsere Gemeinden werden sich in zwanzig Jahren nochmals grundlegend verändert haben, wenn diejenigen, die jetzt noch als Jüngere Kirche mittragen, dann Senioren sein werden", sagte Burger bei einer Dekane-Konferenz in Freiburg, über die das Ordinariat am Freitag (3.10.) informierte.
Die junge Generation an Christen werde in zwanzig Jahren schon zahlenmäßig kleiner sein und auch nicht mehr das leisten können, was derzeit noch geleistet werde. Mit Blick auf die sich rasant wandelnde Gesellschaft und die zurückgehende Zahl von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirche müsse überlegt werden, wie die Seelsorge im Erzbistum Freiburg in Zukunft aussehen werde und gesichert werden könne.
Dekane zu neuem Stil: "Realistischer Blick mit geistlicher Tiefe"
"Vieles wird noch auf den Prüfstand müssen", kündigte der neue Erzbischof von Freiburg an. Den Gemeinden falle es schwer, von Aktivitäten Abschied zu nehmen - zum Beispiel von Aufgaben, die wegfallen oder nur noch deutlich reduziert wahrgenommen werden. "Gerne gilt immer noch: Weiter wie bisher! Und welcher Pfarrer tut das auch nicht gerne, wenn ihm dadurch Respekt und Anerkennung zuteil wird." Nicht wenige seien deshalb überlastet, diagnostizierte der neue Erzbischof, dessen schonungslose Analyse bei den Dekanen auf positive Resonanz stieß. Sie bescheinigten Burger nach der ersten Dekane-Konferenz einen "realistischen Blick mit geistlicher Tiefe", lobten die Offenheit und klare Positionierung. Burger hatte die Seelsorger davor gewarnt, sich selbst zu frustrieren: "Denn wir sind immer noch gewohnt, den Erwartungshaltungen anderer zu entsprechen, Kirche zu machen, uns aufzureiben, bis wir selbst am Ende, ausgebrannt oder gar krank sind."
"Zuhören an der Basis: Ohne Lösungspakete"
Im Laufe der Zeit sind nach den Worten von Erzbischof Stephan Burger "so manche Selbstbeschäftigungsprogramme" aufgelegt worden: "Mitunter sind wir so gut im Organisieren, dass für die Inhalte kaum mehr Zeit bleibt. Und das Machen kommt dort an die Grenzen, wo uns trotz allem, was wir tun, die Gläubigen abhandenkommen, wo der Erfolg ausbleibt beziehungsweise nicht zu messen ist, wo uns auch selbst die Freude ausgeht an dem, was wir sind." Mit Blick auf die Situation in der Seelsorge und auch der Ehrenamtlichen vor Ort war bei der Dekane-Konferenz in Freiburg deshalb oft von "Entschleunigung" die Rede. Erzbischof Stephan machte erneut deutlich, dass er sein Amt "nur im Miteinander der verschiedenen Dienste" ausüben könne, die Dekane in seine Überlegungen einbeziehen und zunächst einmal das Gespräch mit den Engagierten vor Ort suchen wird: In den kommenden Monaten will er viele Besuche machen - ohne besonderes Veranstaltungsprogramm, um mehr über die jeweilige Situation und die Probleme an der Basis zu erfahren: "Aber auch von dem, was gelingt. Das Positive unserer Arbeit darf dabei nicht übersehen werden! Sonderprogramme und Lösungspakete werde ich nicht dabei haben."
Ordinariat: Dienstleitungszentrale mit neuer Sitzungsstruktur
Das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg sieht Erzbischof Burger als Dienstleistungszentrale der Seelsorge vor Ort. Um die Aufgabenfelder dort besser zu vernetzen und den Informationsfluss zu verstärken, wird schon ab November die Sitzungsstruktur verändert: Die drei Abteilungsleiter (Oberrechtsdirektorin Dr. Gertrud Rapp, Oberrechtsdirektor Michael Himmelsbach und Oberrechtsdirektor Johannes Baumgartner) werden Mitglieder der Ordinariatssitzung, die in Freiburg seit Bestehen des Erzbistums bislang ausschließlich aus Bischöfen und Domkapitularen bestand. Damit sollen - ähnlich wie bereits auch in anderen Diözesen - nichtgeweihte Fachleute in das höchste Beratungsgremium der Erzdiözese eingebunden werden. Einen weiteren Weihbischof wird es zunächst nicht geben, da der Erzbischof mit seinen beiden aktiven Weihbischöfen derzeit von drei emeritierten Bischöfen unterstützt werde. Ein Diözesantag ist 2015 nicht geplant. Der Erzbischof verwies auf eine Auswertung der zurückliegenden Veranstaltungen: Wegen der rückläufigen Teilnehmerzahl und erheblichen Kosten dieser Diözesantage will er prüfen, ob in den kommenden Jahren andere Veranstaltungen - eventuell mehr auf regionaler Ebene - Begegnungen des Domkapitels und der Bischöfe mit der Basis ermöglichen können.
"Kirche weiter denken: Nicht nur in Strukturen"
Perspektivisch ist dem neuen Erzbischof von Freiburg wichtig, "unseren Blick nicht so sehr auf die Zahlen von Mitgliedern und Steuereinnahmen zu richten, so wichtig diese auch sind, sondern Kirche als große Gemeinschaft der Glaubenden zu sehen". Innerhalb dieser Gemeinschaft gebe es "eine sehr unterschiedliche Intensität der Zugehörigkeit": angefangen von den überzeugten Aktiven, die das Gemeindeleben vor Ort mittragen und gestalten, bis hin zu den mehr oder weniger - aus welchen Gründen auch immer - Distanzierten. Es werde darum gehen, Kirche nochmals weiter zu denken: "Kirchliches Leben ist nicht nur ein Leben in Strukturen. Kirchliches Leben ist zunächst geistliches Leben." Es gelte, mehr diese Bilder des Evangeliums in den Vordergrund zu rücken, in denen vom Wachstum die Rede ist, vom Sauerteig. Dabei dürfe auch das nicht aus dem Blick geraten, was im Verborgenen geschehe: "Und zu alledem gibt es für unser Tun und Handeln den entscheidenden Grund überhaupt, den wir nie aus den Augen verlieren sollten: Unsere Beziehung zu Christus."
Mit rund zwei Millionen Katholiken gehört das Erzbistum zu den großen der 27 Diözesen in Deutschland. Informationen zur Erzdiözese erhalten Sie unter http://www.erzbistum-freiburg.de. Auch der Kurznachrichtendienst "Twitter" bietet Informationen aus dem Erzbistum an - unter http://twitter.com/BistumFreiburg. Den Medien-Monitor des Erzbistums stellen wir unter http://twitter.com/MeMoEBFR bereit. Bei "Facebook" können interessierte Internetnutzer sich ebenfalls informieren - unter http://www.facebook.com/erzdioezese-freiburg.
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