
- 06. Oktober 2025
Verbietet das EU-Parlament das vegane Schnitzel?
Während Bezeichnungen wie "Leberkäs" oder "Hot Dog" trotz offensichtlicher Fantasienamensgebung nicht als irreführend gelten, soll es nach dem Willen der Konservativen und Rechtsaußen-Parteien bald ein europaweites Verbot für Bezeichnungen wie "Veganes Schnitzel" geben. Im konservativ dominierten EU-Agrarausschuss ging diese Forderung bereits durch. Morgen und übermorgen steht das Gesetz, das eigentlich die Position der Landwirtinnen und Landwirte stärken soll, auf der Agenda des Parlaments.
Konkret geht es in einem eigens nachträglich hinzugefügten Absatz darum, sämtliche Produktbezeichnungen, die Schnitzel, Hamburger und Burger, Steak, Wurst, Eigelb und Eiweiß enthalten, ausschließlich für Eier- und Fleischwaren zuzulassen. Auch der stets übliche und deutliche Hinweis "vegan" oder "pflanzlich" würde dann dieses Verbot nicht umgehen können.
Dieser Versuch, mittlerweile tradierte und besonders nachhaltige Produktkategorien massiv einzuschränken, widerspricht jedoch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Oktober 2024. Darin heißt es, dass die Hinweise "vegan" oder "pflanzlich" völlig ausreichen, um eine souveräne Konsumentscheidung vornehmen zu können.
Ja, es sei vielmehr gerade im Interesse der Konsumierenden, zu wissen, wonach das pflanzliche Produkt schmecken soll. Wenn es nach Bratwurst schmecken soll, muss doch geradezu zwingend auch drauf stehen, dass es eine Bratwurst ist. Nur eben in veganer Weise. Das Wort "Wurst" hat sprachgeschichtlich auch ursprünglich keine Einengung auf Fleisch, sondern heißt nur "Vermengtes".
Was der Pflanzenmilch bereits vor einigen Jahren widerfuhr, dass man sie nicht mehr Milch nennen darf, sondern nur noch "Drink" oder "NoMilk", könnte jetzt auch all den Fleischprodukten widerfahren. Der Unterschied ist jedoch, dass Pflanzenmilch oft nicht den Anspruch hat, genau wie Kuhmilch zu schmecken - Kokosmilch aber darf übrigens weiter Kokosmilch heißen. Ein veganes Schnitzel aber hat genau dies zum Ziel: sich vom mit Tierleid hergestellten Original geschmacklich nicht zu unterscheiden.
Somit ist der aktuelle Versuch gerade nicht mit Verbrauchendenschutz und Transparenz zu begründen, sondern läuft dem diametral entgegen. Wieso stehen dennoch so viele Abgeordnete des EU-Parlaments dahinter? Weil die Fraktionen auffällig oft diejenigen in den Agrarausschuss entsenden, die der tierhaltenden Agrarindustrie nahestehen. Gefährlich wird es dann aber, wenn sich die Fraktionen auch in der Parlamentsabstimmung diesen Eigeninteressen beugen.
Der EU-Abgeordnete der Tierschutzpartei, Sebastian Everding gibt sich kämpferisch: "Wir brauchen die pflanzlichen Alternativen im Supermarkt so dringend, wenn wir es ernst meinen mit Gesundheit, Klimazielen, Natur- und Tierschutz. Der Treibhausgasanteil der Tierhaltungsindustrie ist unverantwortlich, Fleischprodukte sind Krebsrisiken oder Treiber für Pandemien und multiresistente Keime. Und was immer vergessen wird: wer Ernährungssouveränität anstrebt, kann nicht zugleich die importabhängige und ressourcenfressende Tierindustrie mit Sonderprivilegien bevorteilen wollen."
Er bringt die Debatte auf den Punkt: "Es wird doch auch kaum jemand ein veganes Schnitzel mit einem Fleischschnitzel beim Einkauf verwechseln. Dafür sind die gut eingeführten Bezeichnungen und Logos zu eindeutig. Und falls es doch mal passieren sollte, ist es lediglich eine Win-Win-Win-Situation: man hat was leckeres und gesundes auf dem Tisch, man tut was gutes für Klima, Natur, und am allerwichtigsten, für die Tiere."
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