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„Angehörige sollten auf Frühwarnzeichen seelischer Erkrankungen achten“
Gehirn
  • 08. Oktober 2018

„Angehörige sollten auf Frühwarnzeichen seelischer Erkrankungen achten“

Von Dennis Riehle | Selbsthilfeinitiative Zwangserkrankungen, Phobien, psychosomatische Störungen und Depressionen

Konstanz. Die Selbsthilfeinitiative zu Zwangsstörungen, Phobien und Depressionen im Landkreis Konstanz weist aus Anlass des „Welttages der seelischen Gesundheit“, der am 10. Oktober 2018 international begangen wird, auf die Frühwarnzeichen von psychischen Erkrankungen hin. Der Leiter des Angebots, Dennis Riehle, verweist auf die möglichen Signale, mit denen sich eine seelische Störung ankündigen kann: „Ein Hinweis ist das soziale Verhalten. Zieht sich ein Mensch ungewöhnlich stark aus seinem Bekannten- und Freundeskreis zurück, kann das ein Alarmzeichen sein. Auch das Interesse an sonst beliebten Hobbys oder der Freizeitgestaltung ist ein Indikator: Geht es spürbar zurück, sollten Angehörige zumindest hellhörig werden“.

Auch das Essverhalten kann Hinweise auf eine mögliche seelische Erkrankung geben. So betont Riehle: „Sowohl eine deutliche Zunahme oder eine Verweigerung der Nahrungsaufnahme sind mögliche Anzeichen dafür, dass die Seele streikt. Und nicht zuletzt sollten auch emotionale Auffälligkeiten beobachtet werden. Wutausbrüche oder ein Stillschweigen, das nicht zum üblichen Verhalten eines Menschen passt, sollten unbedingt angesprochen werden“. Je früher eine psychische Erkrankung entdeckt wird, desto besser kann sie behandelt werden. „Ich erlebe in meiner Arbeit sehr häufig, dass es Angehörige sind, die auf die veränderten Verhaltensweisen ihrer Nächsten reagieren und damit dazu beitragen, dass nach einem langen Leidensdruck endlich Hilfe gesucht wird“.

„Die Tabuisierung in der Familie oder im engsten Bekanntenkreis ist trotz alledem noch immer eine große Hürde im frühzeitigen Erkennen einer psychischen Erkrankung“, so Riehle. Wenn nicht offen über mögliche seelische Probleme geredet werde, trauten sich die Betroffenen in der Regel auch nicht, sich von sich selbst aus zu öffnen. „Deshalb rate ich dazu, nicht in Panik zu verfallen, wenn eine psychische Störung im Umfeld bekannt wird. Eine Vielzahl an seelischen Leiden lässt sich heute gut behandeln. Daneben sollte immer klar sein: Seelische Erkrankungen sind bei weitem kein Einzelfall mehr. Sie gehören zu den häufigsten Beeinträchtigungen überhaupt und mit fachkundiger Hilfe lassen sich ihre Auswirkungen leichter bändigen“.

In der Selbsthilfearbeit kommt Riehle zudem mit vielen Betroffenen in Kontakt, die von einer Diskriminierung am Arbeitsplatz sprechen. „Zweifelsohne sollte man sich genau überlegen, was man dem Chef offenbart. Nicht in jedem Fall halte ich es für sinnvoll, sich mit seiner gesamten Lebensgeschichte nach außen zu wenden. Es ist eine Abwägung der Vor- und Nachteile für die eigene Person, für die eigene Lebenszufriedenheit. Beeinträchtigt die seelische Erkrankung den Arbeitsalltag nicht, so gibt es für mein Dafürhalten auch keinen Grund, sich mit Details zu seiner psychischen Erkrankung zu öffnen. Nachteilsausgleiche werden auch dann wirksam, wenn man sich nicht zu seinen persönlichen Gesundheitsumständen äußert“, meint Riehle.

Abschließend ermutigt der 33-Jährige, der selbst psychisch erkrankt ist, mit seinem seelischen Leiden selbstbewusst umzugehen: „Heute muss sich niemand mehr für eine psychische Erkrankung schämen. Im Gegenteil. In Zeiten, in denen Stress, Schnelllebigkeit und systemische Faktoren immer öfter zu einer Dysbalance führen, ist man mit einer seelischen Beeinträchtigung in guter Gesellschaft. Ich animiere deshalb auch dazu, sich mit anderen Betroffenen zusammenzutun, um gemeinsam Erfahrungen und Ratschläge auszutauschen“. Wenngleich Selbsthilfe nur ein ergänzender Baustein zu medikamentöser Behandlung und Psychotherapie sein kann, erhofft sich Riehle für Betroffene besonders einen positiven Effekt, sich mit der Erkrankung nicht mehr alleine zu fühlen.


Ressort: Konstanz

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