- 19. Oktober 2020
Wie weiter mit Lonzas Chemiemülldeponie Gamsenried?
Nur eine der Sanierungsvarianten verspricht Erfolg
Die Lonza schlägt verschiedene Sanierungsmethoden für ihre Chemiemülldeponie Gamsenried vor. Nur eine davon ist erprobt und mit Sicherheit machbar: das Ausgraben des Chemiemülls. Die anderen Ideen sind Vorhaben ohne Erfolgsgarantie – oder sie sind nicht bewilligungsfähig.
Vor einem Monat hat die Lonza AG ihre Sanierungsvorschläge für die Chemiemülldeponie Gamsenried bei Brig (VS) präsentiert. Bloss eine taugt. So das Fazit der beiden Altlastenexperten Professor Walter Wildi und Dr. Martin Forter, die den Lonza-Bericht im Auftrag der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU), der Oberwalliser Gruppe für Umwelt und Verkehr (OGUV), von Pro Natura Oberwallis, und des WWF Oberwallis begutachtet haben.
Weg mit der Gefahr für das Trinkwasser im Wallis
Die Deponie Gamsenried ist vor allem ein Risiko für die Trinkwasserversorgungen unterhalb der Deponie bis hin zum Genfersee. Diese Gefahr muss eine Sanierung garantiert beseitigen. Das lässt sich durch den vollständigen Aushub des Chemiemülls erreichen. Das war auch bei anderen Chemiemülldeponien wie z. B. in Bonfol (JU), Kölliken (AG) und in Monthey (VS, Deponie Pont Rouge) nicht nur ein verhältnismässige, sondern die einzig mögliche Sanierungsmethode. Entsprechend wurden diese Deponien in den letzten rund 10 Jahren ausgebaggert.
Strebt Lonza eine Billiglösung an?
Lonza lässt mit ihrem Bericht durchblicken, dass sie nur das Ausgraben von Verschmutzungsherden («Hotspots») als verhältnismässig betrachtet. Wie aber definiert Lonza diese Hotspots? Bei welchen Konzentrationen beispielsweise der Krebs auslösenden Substanzen Benzol, Benzidin und o-Toluidin ist die Schwelle erreicht? Selbst dies lässt Lonza offen, obwohl diese Giftstoffe in problematischen Mengen und in hohen Konzentrationen in der Deponie liegen.
Die einmalige und definitive Sanierung einer Sondermülldeponie dieser Dimensionen kostet Geld. Diese Kosten relativeren sich aber stark angesichts der langen Nutzungsdauer der Deponie und der grossen Gewinne, welche die Lonza in dieser Zeit erwirtschaftete, auch auf Grund dieser billigen Müllentsorgung. Die Kosten für einen vollständigen Aushub des Chemiemülls und des damit kontaminierten Bodenmaterials sind somit keine Rechtfertigung dafür, möglichst wenig auszugraben. Das aber hat Lonza scheinbar vor.
Plötzlich doppelte Müllmenge – ein Trick, um vollständige Sanierung auszubremsen?
Dafür spricht auch, dass Lonza den Abfall in der Deponie Gamsenried plötzlich mit der doppelten Menge angibt. Bisher waren es 1.5 Mio. Kubikmeter (m3). Neu sollen dort 3 Mio. m3 Müll liegen. Will die Lonza damit den Eindruck erwecken, Gamsenried könne man mit der heute verfügbaren Technik gar nicht konform mit der Altlastenverordnung sanieren? Auch die angeblichen Entsorgungsprobleme für die Aushubsmengen weisen in diese Richtung. Die entscheidende Frage aber lässt Lonza offen: Wie gross ist die Menge an Chemiemüll und verschmutztem Material, welche der Pharmakonzern als Sondermüll behandeln muss? Deshalb ist auch die von Lonza genannte Dauer der Sanierungsarbeiten als übertrieben zu betrachten.
Aufräumarbeiten nicht weiter verschleppen
Die Lonza könnte und müsste spätestens seit ihrer Entdeckung des Benzidins 2008 http://www.aefu.ch/aktuell/#c31796 wissen, dass die Deponie Gamsenried ein Sanierungsfall ist. Die Aufräumarbeiten aber hat sie bisher über mehr als ein Jahrzehnt verschleppt.
Die Altlastenverordnung trat am 1. Oktober 1998 in Kraft. Seither läuft die Frist für die Sanierung von Altlasten. Der Bundesrat hatte diese damals auf eine Generation beschränkt. Lonza ist in Verzug. Je länger sie ein umfassendes Aufräumen mit unangemessenen Sanierungsmassnahmen bzw. durch eine untaugliche Sanierungsplanung verzögert, desto stärker verschmutzt die Deponie das Grundwasser im Wallis. Ausserdem wird die einmalige und definitive Sanierung, wie sie die Altlastenverordnung vorschreibt, stets teuer.
Umweltverbände fordern sofortige Umsetzung der Altlastenverordnung
AefU, OGUV, Pro Natura, und WWF fordern von der Lonza die vorgeschriebene einmalige, sichere und definitive Sanierung:
· Sofortmassnahmen zum Schutz des Grundwassers, u.a. vor dem gefährlichen Benzidin, welches wie andere Schadstoffe aus der Deponie ausläuft.
· Eine transparente und straffe Sanierungsplanung, damit die Sanierungsarbeiten in 10 bis 15 Jahren abgeschlossen sind und die Chemiemülldeponie Gamsenried allerspätestens 2035 definitiv Geschichte ist.
· Die Lonza will ihre Chemiesparte verkaufen. Damit könnten auch die Zuständigkeit für die Aufräumarbeiten bei der Chemiemülldeponie Gamsenried und die Haftung strittig werden. Die Umweltorganisationen fordern Lonza deshalb auf, ihre Verantwortlichkeit auch nach einer Veräusserung der Chemiesparte per Vertrag mit dem Kanton zu garantieren und die rechtsverbindliche Vereinbarung zu veröffentlichen.
Bericht der Experten:
Martin Forter & Walter Wildi: «Alte Deponie Gamsenried – Vorstudie Variantenbetrachtung zur Sanierung des Deponiekörpers», Stellungnahme der Experten der AefU, der OGUV, von Pro Natura Oberwallis und des WWF Oberwallis zu den Sanierungsvarianten Arcadis/Lonza vom 10.7.2020, Basel/Le Grand Saconnex, 9. Oktober 2020.
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